Haushalt/ Haushaltsberatungen 2021

Christopher Vogt zu TOP 2 u.a. „Haushaltsberatungen 2021 – Generaldebatte“

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 2+4+23+47+48+49+52 (Haushaltsberatungen 2021 – Generaldebatte) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Der Landeshaushalt 2021 ist zweifelsohne ein Krisenhaushalt, der maßgeblich von der Corona-Krise gestaltet wurde. Das wird vor allem durch die Notkredite zur Stützung von Wirtschaft, Sport und Kultur deutlich, aber auch durch die hohen Ausgaben für das Gesundheitswesen, vor allem für das Impfen und für das Testen. Die Generationengerechtigkeit verlieren wir trotz der Krise nicht aus den Augen. Haushalte ohne Neuverschuldung, an die wir uns fast schon gewöhnt hatten, sind ja kein Selbstzweck, sondern die Grundlage dafür, damit auch die jüngeren Generationen politisch handlungsfähig bleiben können. Das ist für mich auch eine wichtige Lehre aus der Vergangenheit. Überschuldete Staatshaushalte gefährden das Gemeinwesen und treffen in erster Linie die Schwächeren der Gesellschaft.

Die Neuverschuldung, die wir heute beschließen werden, soll eine Ausnahme in der Krise bleiben. Die mittlerweile wieder viel diskutierte Schuldenbremse sieht diese Ausnahmen ausdrücklich vor. Sie gehört also zum Instrument des Neuverschuldungsverbots. Und ich sage es ohne Wenn und Aber: Meine Fraktion bekennt sich ausdrücklich zur Schuldenbremse und zur Rückkehr zu Haushalten ohne Neuverschuldung in den nächsten Jahren. Als wir damals die Schuldenbremse in Schleswig-Holstein eingeführt haben, war es uns sehr wichtig, dass es mit der Zweidrittelmehrheit eine hohe Hürde für gut begründete Ausnahmen gibt. Das hat sich meines Erachtens auch bewährt. Wir haben im vergangenen Jahr mit der Opposition ein Paket vereinbaren können, das in meinen Augen sehr vernünftig ist. Wir mussten dabei natürlich auch Kompromisse schließen. So ist das eben in der Demokratie, aber die zusätzlichen Investitionen in den Schulbau oder in die Krankenhäuser finden wir auch absolut richtig und deshalb waren das wirklich gute Verhandlungen zum Wohle unseres Landes. Die heute vorgelegten Änderungen der SPD-Fraktion sind erneut recht umfangreich. Richtige Gespräche hat es dazu aber nicht gegeben. Einige Punkte finden wir zwar durchaus sympathisch. Ich sage aber auch: Die Spielräume sind aktuell letztlich nicht da und die Gegenfinanzierungsvorschläge haben uns nicht überzeugt.

Generationengerechte Landeshaushalte zeichnen sich ja nicht allein durch die Vermeidung von neuen Schulden aus: Es muss auch um ausreichende Investitionen in Erhalt, Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur gehen sowie um die Stärkung des Rechtsstaats und eine gute Umwelt-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik, um faire Chancen für alle Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen. Bei den Investitionen bin ich sehr froh darüber, dass es uns auch in dieser Krise gelingt, über zehn Prozent – nämlich 10,5 Prozent, um genau zu sein – in unsere Infrastruktur zu investieren. Das merkt man zum Beispiel bei den Landesstraßen, die das Rückgrat unserer Straßeninfrastruktur und überlebenswichtig vor allem für den ländlichen Raum sind. Vor einigen Jahren musste man sich immer noch genau überlegen, wo man am besten entlangfährt, um sein Auto angesichts der vielen Schlaglochpisten nicht zu gefährden. Jetzt nerven eher die zahlreichen Baustellen. Es ist eine große Leistung, dass das Verkehrsministerium über 100 Millionen Euro pro Jahr investieren kann. Der Zerfall unseres Straßennetzes war nicht nur nervig für die Autofahrer, sondern eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes und es ist vor allem finanzpolitisch nicht sinnvoll, diese wichtige Infrastruktur nicht zu pflegen, denn Komplettsanierungen sind am Ende eigentlich immer doppelt und dreimal so teuer.

Unsere Hochschulen leiden seit Jahrzehnten unter maroden oder fehlenden Gebäuden und teilweise auch unter einer Ausstattung, die man anderswo eher im Museum findet. In dieser Wahlperiode wird erstmalig landesweit professionell zusammengetragen, welche konkreten baulichen Bedarfe es an den Hochschulen des Landes gibt. Da gibt es also sehr viel Nachholbedarf, auch deshalb müssen wir deutlich mehr investieren. Jeder Euro, der in die Hochschulen investiert wird, bringt unserer gesamten Gesellschaft später eine ordentliche Rendite. Da muss man gar nicht nach Nordamerika oder Asien blicken, da reicht schon der Blick in den Süden der Republik. Das betrifft natürlich nicht nur die Gebäude, sondern auch die personelle und die technische Ausstattung. Die Grundfinanzierung erhöhen wir schrittweise weiter und für die Digitalisierung stellen wir auch mehr Geld zur Verfügung. Da geht es nicht nur um WLAN, Kamerasysteme oder Beamer, sondern auch um die intelligente Vernetzung der Daten, die in einer Hochschule vorliegen.

Und nicht erst seit dieser Krise erkennen wir die hohen Bedarfe bei den Krankenhäusern. Da sind wir in Deutschland besser davor als viele andere Länder. Wir sehen aber nicht nur am landeseigenen Uniklinikum, dass wir da mehr tun müssen, sondern auch bei den anderen Krankenhäusern im Land, in die leider auch viel zu lange zu wenig investiert wurde.

Die Folgen dieser Krise werden wir noch viele Jahre spüren. Dabei sollten wir nicht übersehen, dass wir auch immer noch in erheblichem Maße mit den Problemen unserer Vorgängerinnen und Vorgänger zu kämpfen haben. Wir übertragen mit diesem Haushalt mal eben so fast 300 Millionen Euro Altlasten der HSH Nordbank in den Landeshaushalt. Das tut richtig weh, weil dieses Desaster damals aus meiner Sicht völlig unnötig war, aber diese Schulden sind in Wahrheit ja auch nicht neu. Wir machen sie jetzt erst richtig sichtbar und uns damit ein Stück weit ehrlich. Bereinigt um die HSH-Altlasten nehmen wir Kredite in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro auf. Das sind Dimensionen, die wir allenfalls aus der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise von vor über zehn Jahren kennen. Einen Großteil dieser Kredite haben wir bereits im letzten Jahr beschlossen. Wir müssen sie nun einsetzen, um handlungsfähig zu bleiben. Ein geringerer Teil besteht aus konjunkturellen Krediten, die wir auch ohne diese Krise aufnehmen dürften, aber ebenfalls in hoffentlich besseren Zeiten wieder zurückführen müssen.

Wir wollen die Erfüllung der staatlichen Kernaufgaben besser gewährleisten, weil sich die Welt trotz Corona weiterdreht und diese elementaren Aufgaben in Teilen sogar noch drängender geworden sind. Das zeigt sich dann auch bei der Stellenentwicklung. Mehrere hundert neue Stellen in einem Jahr sind selbstverständlich kein Pappenstiel und auch sie werden den Landeshaushalt über Jahrzehnte belasten. Aber es geht in erster Linie um die vernünftige Erfüllung der Kernaufgaben des Landes. Rund 250 Stellen für die Bildung sind angemessen. Die Digitalisierung der Bildung muss deutlich beschleunigt werden. Auch da gibt es erheblichen Nachholbedarf und Unterrichtsausfall wegen Lehrermangels können wir uns nach dieser Krise endgültig nicht mehr leisten. Der Justiz ist auch nicht allein mit neuen Richtern und Staatsanwälten aus dem bundesweiten Pakt für den Rechtsstaat geholfen. Sie braucht auch die fleißigen Zuarbeiter, um den Arbeitsstau an den Gerichten tatsächlich abbauen zu können. Und unsere Landespolizei arbeitet seit vielen Jahren an der Belastungsgrenze. Das kann kein Dauerzustand sein und vor allem wollen wir die polizeiliche Präsenz in der Fläche sichern. Dazu wird die schrittweise Aufstellung einer zweiten festen Einsatzhundertschaft beitragen. Die FDP-Fraktion hat auch fünf weitere Stellen zur Stärkung des Verfassungsschutzes erreichen können. Der politische und religiöse Extremismus ist eine der größten Gefahren für unsere Freiheit. Und deshalb muss unsere Demokratie wehrhaft bleiben.

Wir sind für eine klare Schwerpunktsetzung und damit auch gegen Sparsamkeit an der falschen Stelle. Das heißt aber auch, dass es unsere Pflicht ist, die finanzielle Tragfähigkeit unserer Entscheidungen stets im Auge zu behalten. Ich habe eben die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise genannt. Sie hatte uns nicht annähernd so im Würgegriff wie diese Pandemie. Aber sie hat trotzdem wirtschaftliche Substanz gekostet und hohe Schuldenberge hinterlassen. Wie sind wir so schnell wieder aus dieser Krise und aus den damit verbundenen Schulden herausgekommen? Die Antwort ist relativ einfach: Durch wirtschaftliches Wachstum und eine gewisse Ausgabendisziplin. Auch nach der gegenwärtigen Krise muss die Losung wieder heißen, aus den Schulden Schritt für Schritt herauszuwachsen. Wir müssen die produktive Kraft in der Gesellschaft nutzen, die sich in zigtausenden Unternehmen unseres Landes bündelt. Wir brauchen die richtigen Leistungsanreize, damit hier zukünftig wieder stärker investiert wird und nicht anderswo. Wir brauchen gut ausgebildete und motivierte Menschen, die sich mit ihrer eigenen Arbeit ihre Lebensträume erfüllen wollen. Zu diesen Träumen gehört für viele Bürgerinnen und Bürger übrigens auch eine gelegentliche Fernreise, das eigene Auto oder auch das Eigenheim im Grünen, aber das möchte ich hier nur am Rande erwähnen. Unser Wirtschaftsstandort brauche eine leistungsfähige Verwaltung und möglichst wenig unnötige Bürokratie. Und der Staat ist eben nicht der bessere Unternehmer. Oder die bessere Unternehmerin. In dieser Krise müssen wir sogar in verschiedenen Bereichen feststellen, dass er teilweise nicht einmal das eigene Aufgabengebiet richtig im Griff hat. Dass die SPD-Fraktion nach den jüngsten Erfahrungen auf Bundesebene meint, dass eine staatliche Maskenverteilungsaktion an alle Haushalte die richtige Maßnahme sei, wundert mich da wirklich. Das waren die wohl teuersten Masken der Welt, die der Bund verteilt hat. Da muss das Herz eines jeden Steuerzahlers wirklich bluten.

Wie der Jahresabschluss 2021 aussehen wird, wird nicht nur an der Entwicklung der für uns sehr wichtigen Tourismusbranche abhängen, sondern auch an der schnellen Erholung der Weltwirtschaft, von der unsere stark exportorientierte Volkswirtschaft besonders profitieren würde. Als Freie Demokraten haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass mögliche strukturelle Mehreinnahmen in der Zukunft die erlaubte Inanspruchnahme von Notkrediten eins zu eins reduzieren werden. Wir setzen auf eine Stärkung der wirtschaftlichen Basis, die konsequente Schwerpunktsetzung bei den Kernaufgaben wie Bildung, Rechtsstaat, Digitalisierung und Infrastruktur und auf eine gewisse Ausgabendisziplin. Ich bin optimistisch, dass dies auch schon sehr bald wieder zu Haushalten ohne Neuverschuldung führen wird. Unsere Kinder und Enkelkinder werden es uns danken!“

Es gilt das gesprochene Wort!