Christopher Vogt zu TOP 20 "Geschlechterparität in allen Parlamenten"

CV

In seiner Rede zu TOP 20 (Geschlechterparität in allen Parlamenten und Volksvertretungen) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Chris- topher Vogt:

,,Es ist völlig richtig, dass es ein Problem in unserer Gesellschaft ist, dass Frauen auch im Jahr 2019 ­ 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland ­ in vielen Bereichen noch immer unterrepräsentiert sind ­ vor allem in der Wirtschaft, in der Verwaltung, in der Politik und eben auch in den Parlamenten. Das sollte sich schnell ändern.

Die entscheidende Frage ist nur, wie der beste Weg dahin aussehen könnte.

Es gibt in Deutschland laut statistischem Bundesamt übrigens eine Million mehr Frauen als Männer. Die Frauen haben also eine gesellschaftliche Mehrheit. Wenn man auf die junge Generation in Deutschland schaut, dann haben die Mädchen und jungen Frauen schon seit Jahren bessere Bildungs- abschlüsse als ihre Altersgenossen. Ich mache mir deshalb ­ auch als Vater von zwei wunderbaren Töchtern ­ eigentlich relativ wenig Sorgen um die Zukunft, ich kann aber die Ungeduld absolut nachvollziehen und teilen. Wir Freie Demokraten kämpfen gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung. Niemand soll wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass viele gesellschaftliche Rahmenbedingungen noch immer eine tradierte Rollenverteilung begünstigen. Und da müssen wir ansetzen.

Ich denke, wir sind uns beim Ziel im Großen und Ganzen einig: Wir wollen deutlich mehr Frauen in verantwortlicher Position sehen. Auch unsere Partei hat da noch viel Arbeit vor sich: Die Nord-FDP hat zwar innerhalb der Bundespartei fast den höchsten Frauenanteil und trotzdem liegt dieser noch unter der 30-Prozent-Marke und ist während des Mitgliederbooms der letzten zwei Jahre sogar noch weiter gesunken. Wir beschäftigen uns deshalb mitt-

lerweile sehr intensiv mit der Frage, wie wir mehr Frauen für die Parteiarbeit und die Kandidatur für Ämter und Mandate begeistern können. Es gibt da viele gute Beispiele, aber selbst wir diskutieren mittlerweile auch über Quoten.

Den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion, der ja inhaltlich ausgesprochen mager daherkommt, halten wir aber für den falschen Weg. Die SPD-Fraktion hatte im vergangenen Jahr vollmundig angekündigt, einen verfassungskonformen Gesetzentwurf für ein schleswig-holsteinisches Paritätsgesetz vorzu- legen. Wir haben uns damals gefragt, wie dies gelingen könnte, da unser Grundgesetz aus gutem Grund keine Benachteiligung bzw. Bevorzugung aufgrund des Geschlechts zulässt. Dies wäre bei einem solchen Gesetz aber wohl zwangsläufig der Fall, was der Wissenschaftliche Dienst des Landtages auch noch einmal sehr deutlich gemacht hat. In Brandenburg hat man sich kürzlich einfach darüber hinweggesetzt, was ich für einen sehr bedenklichen Umgang mit unserer Verfassung halte. Der SPD-Antrag bleibt ein bisschen nebulös bei einer Zielbeschreibung, die man allerdings auch inhaltlich kritisch sehen kann. Ich hätte zum Beispiel nichts dagegen, wenn ein Parlament einen Frauenanteil von 60 Prozent oder mehr hätte. Es stellt sich auch die Frage, wie man dann eigentlich mit dem dritten Geschlecht umgehen soll.

Ich spare mir jetzt den Hinweis, dass die SPD in ihrem Organisationsstatut zwar eine 40-Prozent-Quote vorsieht, aber eben auch keine Parität. Der vom Grundgesetz aufgegebene Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung der bestehenden Nachteile ist noch immer nicht erfüllt.

Unser Wahlrecht sollte aber vor allem regeln, wie und nicht wer gewählt wird. Auch wenn es mühsam ist, sollten wir unser Grundgesetz ernst nehmen und das Problem an der Wurzel packen. Wir müssen die Parteiarbeit deshalb dringend vor allem für Frauen attraktiver machen und stärker auf ihre Bedürfnisse ausrichten. Wir wollen aber keine gesetzlich vorgeschrie- bene Ergebnis-, sondern echte Chancengleichheit. Daran müssen wir alle arbeiten ­ und zwar auf dem Fundament unserer Verfassung. Machen wir uns also an die Arbeit. Lassen Sie uns diese wichtige Frage weiter ernsthaft diskutieren. Alle Beteiligten sind da auch aufgefordert, ihre Hausaufgaben machen. Wir sollten insgesamt verstärkt daran arbeiten, dass sich die ver- schiedenen gesellschaftlichen Gruppen realistischer in den Parteien, und dann eben auch in den Parlamenten widergespiegelt sehen. Das kann unserer Demokratie nur nützen."

 

Es gilt das gesprochene Wort.