Christopher Vogt zu TOP 20+21 "Mündlicher Bericht zu jungen Menschen ohne Schulabschluss"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 20+21 (Schulabschluss an Förderzentren anerkennen sowie Mündlicher Bericht zu jungen Menschen ohne Schulabschluss) erklärt der Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

"Die Bertelsmann-Studie ‚Jugendliche ohne Hauptschulabschluss‘ hat uns kürzlich erneut vor Augen geführt, dass leider immer noch ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen in Schleswig-Holstein die Schule Jahr für Jahr ohne Hauptschulabschluss – also den ESA – verlässt. Und das hat natürlich gravierende Auswirkungen auf die Zukunftschancen dieser jungen Menschen und letztlich auch für unsere Gesellschaft, die schon heute unter dem Fachkräftemangel leidet.

In Schleswig-Holstein haben laut Studie 7,4 Prozent der Schüler 2021 keinen Hauptschulabschluss gemacht. Das sind rund 2.000 junge Menschen, die damit einen mehr als schwierigen Start in das Berufsleben haben. Ein fehlender Schulabschluss ist für alle Betroffenen eines der gravierendsten Hemmnisse, um das spätere Berufsleben erfolgreich zu meistern: 70 Prozent der jungen Menschen ohne Hauptschulabschluss erhalten im Anschluss an ihre Schulzeit keinen Ausbildungsplatz im dualen Berufsbildungssystem.

Die Zahl an Schülerinnen und Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen, ist einfach viel zu hoch. Deshalb muss deutlich mehr getan werden, damit es besser und nicht noch schlechter wird. Die jüngste IQB-Studie zu den Leistungen der Grundschüler hatte ja schließlich ergeben, dass rund 20 Prozent der Kinder mittlerweile nicht mehr die Mindeststandards erreichen, so dass man davon ausgehen muss, dass das Problem zukünftig eher noch größer werden wird, wenn nicht massiv gegengesteuert wird.

Schleswig-Holstein muss deshalb seine Grundschulen erheblich stärken und dort mehr Unterricht erteilen, was andere Bundesländer ja längst tun. Jamaika hatte bereits die Wochenstundenzahl erhöht und dieser Weg muss fortgesetzt werden. Die Lehrkräfte müssen sich hier auch stärker auf den Unterricht und vor allem auf die Kernfächer konzentrieren können.

Mit viereinhalb Jahren sollten alle Kinder einen Sprachtest machen müssen, sodass Defizite frühzeitig erkannt werden und dann noch rechtzeitig gegengesteuert werden kann. Denn wer schon mit Sprachdefiziten in die Schullaufbahn startet, hat es besonders schwer. Es fällt zudem auf, dass Jungen besonders oft betroffen sind. Oft fehlen den Jungs heutzutage männliche Vorbilder, sodass es auch wichtig ist, wieder mehr Männer für das Grundschullehramt zu begeistern.

Ich sehe auch erhebliche Defizite bei der Ausstattung der Gemeinschaftsschulen: Die Lehrkräfte brauchen vor allem mehr Unterstützung bei der Inklusion und bei der Integration. Da gibt es in Schleswig-Holstein noch sehr viel Luft nach oben. Die Schulsozialarbeit muss landesweit gestärkt werden und insbesondere die ‚Perspektivschulen’ brauchen noch mehr personelle Unterstützung.

Zudem muss man sich auch stärker um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen kümmern, die keinen Schulabschluss haben: Sie brauchen eine zweite Chance und eine schnelle Ansprache durch die Bundesagentur für Arbeit, sodass sie zum Beispiel in Produktionsschulen oder ähnlichen Angeboten ihren Schulabschluss nachholen können und an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.

So sehr ich die Idee des SSW-Antrages nachvollziehen kann, fällt es mir dennoch schwer, ihm heute zuzustimmen. Auch der Alternativantrag der Koalition beschäftigt sich vor allem mit dem statistischen Problem. Das greift aber meines Erachtens viel zu kurz und es sollte auch nicht der Eindruck entstehen, dass hier ein sehr handfestes Problem irgendwie klein geredet oder beschönigt wird, indem man Statistiken anders führt. Wir sind schon lange in der Phase, in der es kein Erkenntnis-Problem mehr gibt, sondern ein Handlungs- und Umsetzungsproblem."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort