Christopher Vogt zu TOP 36+40 „BAföG schnell und grundsätzlich überarbeiten“

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 36 + 40 (Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Hochschulen und die Studierenden abmildern, BAföG schnell und grundsätzlich überarbeiten) erklärt der Vorsitzende und hochschulpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Ich danke der Ministerin für ihren Bericht. Mit Blick auf den Lockdown, die Nebenwirkungen und auf die Perspektiven haben wir auch in dieser Tagung wieder über viele Themen gesprochen, vor allem über die Familien, über Kita und Schule – das ist auch richtig so. Ich finde, wir müssen uns an dieser Stelle aber auch einmal prominent mit der Wissenschaft und der Hochschule beschäftigen. Der Kollege Petersdotter hat es angerissen, wir sprechen momentan sehr viel über wissenschaftliche Erkenntnisse. Das ist gut so, aber ich glaube, wir müssen auch darüber sprechen: Wie geht es in diesen Zeiten eigentlich der Wissenschaft selbst? Die pandemiebedingten Probleme und Herausforderungen sind für die Hochschulen und für ihre verschiedenen Angehörigen wirklich gewaltig. Vor allen Dingen die Studierenden sind davon betroffen. Sie betreffen aber auch die Beschäftigten der Universitäten. Auch diese sind in dieser Zeit besonders herausgefordert.

Studieren, wie man es bisher kannte, ist heute eigentlich nicht möglich. Ich denke vor allem an die Erstsemester und frage mich: Wie wäre es, wenn ich jetzt an die Hochschule gekommen wäre, mit 20 Jahren, nach der Schule? Man hat sich vielleicht lange darauf gefreut und dann findet eigentlich gar nichts statt. Man lernt noch nicht einmal die Kommilitonen und die Dozenten persönlich kennen. Insofern ist das eine große Herausforderung für die Erstsemester, aber natürlich auch für alle anderen. Unsere Hochschulen sind binnen weniger Monate zu einer Art digitaler Fernuni mutiert. So muss man das eigentlich fast schon nennen. Ich möchte allen ganz herzlich danken, die mit großem Einsatz, Kreativität und Flexibilität ermöglicht haben, dass es unter diesen Bedingungen zumindest irgendwie weitergehen kann.

Wenn man sich umhört, dann erfährt man auch, dass das an vielen Stellen erstaunlich gut funktioniert. Allerdings gilt das nicht für alle Bereiche; so ist das leider. Insofern gibt es auch da großen Nachholbedarf. Wir dürfen nicht übersehen, dass viele Studierende ihren Nebenjob zum Beispiel in der Gastronomie oder auch im Einzelhandel zumindest vorübergehend verloren haben. Sie stehen unter großem Druck – sie leiden teilweise unter psychischen und/oder finanziellen Problemen.

Bei der Ungewissheit in Bezug auf die Prüfungen muss jetzt zügig Abhilfe geschaffen werden. 95 Prozent der Prüfungen werden wahrscheinlich online stattfinden. Die entsprechende Verordnung wurde in der letzten Woche vom Ministerium geändert, um unter anderem das Freisemester und die Online-Prüfungen zu ermöglichen. Jetzt müssen die Hochschulen schnellstmöglich ihre Satzungen anpassen und auch bei den Beteiligten für Klarheit sorgen, was die praktische Umsetzung der bestehenden Online-Klausuren bedeutet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese durchzuführen und es wird wahrscheinlich verschiedene Formen der Online-Prüfung geben. Hier sind – ehrlich gesagt – noch viele Fragezeichen. Ich habe gemeinsam mit meinem Kollegen Kay Richert Anfang der Woche mit den ASten der Flensburger Uni unter anderem darüber gesprochen. In Flensburg hat man für die Vorbereitung auf die Klausuren nicht mehr viel Zeit, das muss man einfach sehen. Die Zeit drängt, deswegen müssen sich alle Beteiligten anstrengen, damit schnell Klarheit herrscht. Es muss zum Beispiel geklärt werden, wie die Privatsphäre der Studierenden bei den Online-Klausuren gesichert werden kann. Es klingt im ersten Moment vielleicht etwas banal oder merkwürdig, wenn man hört, wie viele Kameras nach den Vorstellungen mancher Dozenten aufgebaut werden sollen. Da muss man sagen: Auch während der Online-Klausuren muss es schon einen Rest an Privatsphäre geben können. Das Freisemester und die Freiversuche sind ein Gebot der Fairness.

Ich möchte noch ganz kurz etwas zum Thema BAföG sagen. Wir haben darüber schon einmal debattiert, aber drei Punkte sind mir hier wichtig. Ich glaube, bei den ganzen Hilfsangeboten wäre es aus meiner Sicht das Beste, wenn man das BAföG-System zumindest temporär für die Zeit der Krise für mehr Menschen öffnen würde. Ich glaube, das wäre der beste Weg. Dies lehnt die Bundesregierung bisher ab, obwohl sich die Länder relativ einig sind. Es müsste eine grundlegende BAföG-Reform in Richtung Elternunabhängigkeit geben. Meiner Meinung nach wäre das zeitgemäßer. Das Geld dafür ist im Bundeshaushalt durchaus vorhanden. Das Geld müsste den BAföG-Berechtigten auch zügig ausgezahlt werden, denn ich höre nicht nur aus Flensburg, sondern auch von anderswo, dass das Geld beantragt wurde. Es ist aber momentan nicht möglich, die Anträge zu bearbeiten. Das führt zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung und verschärft das Problem für die Studierenden. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden.

Abschließend möchte ich noch einmal zu den Hochschulen selbst kommen. Hier gibt es einen gewaltigen Investitionsstau. Wir machen mehr bei der Grundfinanzierung, wir machen aber auch mehr bei den Investitionen. Das betrifft nicht nur die Gebäude, sondern auch die Digitalisierung. Auch wir unterstützen ganz ausdrücklich den Vorstoß der Kieler Universitätspräsidentin. Er wird von anderen Kieler Hochschulen und sicherlich auch darüber hinaus unterstützt. Die Kieler Universitätspräsidentin fordert, dass man einen Digitalpakt Hochschule schafft und dabei den Bund mit ins Boot holt. Dieses Thema sollten wir weiter vorantreiben. Das Hochschulgesetz wird ja in diesem Jahr reformiert werden. Ich glaube, auch beim Thema Autonomie sollten wir mehr tun. Gleiches gilt für die Personalgewinnung und für das Thema Finanzen. Wir haben dazu in der letzten Legislatur als Oppositionsfraktion einen Vorschlag gemacht. Wir werden das jetzt in der Koalition und darüber hinaus diskutieren. Ich glaube, mehr Autonomie wäre auch im Zusammenhang mit der Exzellenzstrategie wichtig, auf dass wir das nächste Mal mit der Kieler Universität dabei erfolgreicher sind.“