Christopher Vogt zu TOP 47 u.a. „Hilfen in der Corona-Pandemie“

Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 47 + 48 + 53 + 57 (Anträge zu Hilfen für die Berufliche Bildung, Kulturschaffende, Öffentlicher Personenverkehr und ein Konjunktur- und Krisenbewältigungsprogramm) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Was als Gesundheitskrise begann, ist mittlerweile auch zu einer Weltwirtschaftskrise geworden, deren Ausmaß wir seit mindestens einigen Jahrzehnten nicht kannten. Und deshalb muss der Staat gegensteuern, um den Schaden zu begrenzen und eine schnelle Erholung zu unterstützen. Da geht es natürlich um die Nachfrage im Inland, aber wir müssen als stark export-orientierte Nation auch ein großes Interesse daran haben, dass es international schnell wieder bergauf geht.

Klar ist: Ohne neue Schulden werden wir nicht gegensteuern können. Aus der Krise kann man sich nicht wirklich heraussparen. Aber: Wir sprechen hier auch nicht über Spielgeld, wie man manchmal fast denken könnte, deshalb müssen unsere Maßnahmen zielgerichtet sein. Die Schulden müssen dabei helfen, wieder neues Wachstum zu stimulieren, damit wir wieder zur finanzpolitischen Solidität zurückkehren können. Das ist zumindest unser Wunsch. Die Wirtschaftskrise muss bewältigt werden, aber sie darf nicht genutzt werden, um die finanzpolitische Solidität dauerhaft zu verlas-sen. Wohin das sonst führen würde, sehen wir in anderen Ländern. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir jetzt diese Möglichkeiten haben, um auch in Europa helfen zu können, was uns dann hoffentlich auch wieder hilft. Wir haben aber auch in den letzten Jahren erlebt, wie wichtig eine gute wirtschaftliche Entwicklung ist. Das lässt auch die Staatsein-nahmen steigen und führt nicht zu Steuererhöhungen, die dabei ja auch kontraproduktiv sein können. Wir müssen unsere Art des Wirtschaftens modernisieren, aber ich wäre sehr froh, wenn sich die Erkenntnis stärker durchsetzen würde, dass wir als Industrienation eine ökologische Verantwortung für die Welt haben, aber auch eine ökonomische. Die Weltwirtschaft ist ja kein Kuchen, den man aufteilen kann. Die Weltwirtschaftskrise wird für uns unschön werden, aber für viele Menschen in den Entwicklungs-ländern wird sie im wahrsten Sinne des Wortes existenziell bedrohlich.

Kommen wir zu den konkreten Paketen von Bund und Land: Das Bundespaket ist unterm Strich besser geworden als ich es erwartet hätte. Viele Punkte sind naheliegend oder zumindest nachvollziehbar. Die Unterstützung für Unternehmen, Kommunen, den ÖPNV, den Kulturbereich oder auch Geld für Forschung finden wir weitestgehend richtig. Besonders begrüßenswert ist die Initiative zur Wasserstofftechnologie, die für Deutschland, aber insbesondere für Schleswig-Holstein große Chancen auf neues Wachstum bringen kann. Da muss jetzt aber auch endlich konsequent angepackt werden. Die Reform des EEG ist wirklich überfällig.

Mehr ‚Wumms‘ hätten wir uns beim Bundespaket bei der Bildung und auch bei der Digitalisierung gewünscht. Das ist schließlich entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wir hätten uns auch mehr strukturelle Reformen gewünscht, z.B. bei den Unternehmens- und Einkommensteuern.

Die Kalte Progression ist leistungsfeindlich und eine Belastung für die Mittelschicht. Ein Problem sind auch die weiter steigenden Energiekosten. Bei der EEG-Umlage soll jetzt aus dem Bundeshaushalt bezuschusst werden. Warum man nicht einfach die Stromsteuer senkt oder abschafft, verstehe wer will. Ganz im Sinne unseres Koalitionsvertrages soll auch das Planungs- und das Vergaberecht vereinfacht werden. Das begrüße ich sehr. Investitionen können nur dann wirken, wenn sie auch irgendwann abfließen und wenn sie nicht für unnötige Kostensteigerungen gebraucht werden. Bei der Planungsbeschleunigung wünschen wir uns Unterstützung und auch konkrete Vorschläge Schleswig-Holsteins im Bundesrat. Es wird wirklich Zeit.

Ich finde es auch gut, dass Steuersenkungen für die Große Koalition und selbst für die SPD kein Tabu mehr sind. Ein richtig großer Brocken ist ja die temporäre Mehrwertsteuersenkung, bei der ich noch etwas skeptisch bin, ob sie tatsächlich den gewünschten Effekt haben und wem sie am Ende helfen wird. Klar ist aber die Botschaft: Die Privathaushalte sollen konsumieren. Und Herr Stegner, Sie haben sich ja gestern wieder kritisch mit den Sonntagsöffnungen auseinandergesetzt: Die IHK Schleswig-Holstein hat gestern wohl nicht nur mich angeschrieben, um mitzuteilen, dass sie für die kommenden Monate vorschlägt, jeweils den ersten Sonntag die Geschäfte in Schleswig-Holstein öffnen zu lassen, damit der Plan der Bundesregierung auch tatsächlich aufgeht. Ich finde, wir sollten diesen Vorschlag umsetzen. Der Bund übernimmt ja den Großteil der Kosten für sein Paket. Alles andere wäre auch schwierig. Wir haben als Jamaika-Koalition aber auch beschlossen, dass unser Bundesland über die Sicherstellung von Ko-Finanzierungen bestmöglich profitieren soll.

Wir flankieren die Maßnahmen des Bundes sinnvoll: Kurzfristig z.B. mit dem neuen Härtefallfonds für Unternehmen, über den schon gestern debattiert wurde: An sich gesunde Unternehmen sollten jetzt nicht pleitegehen. Wir müssen weiterhin helfen, die vielen bedrohten Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein zu schützen. Wir helfen auch den Kommunen in erheblichem Um-fang. Die Kritik der SPD-Fraktion daran fand ich schon sehr bemüht. Herr Dolgner holte sogar den alten Kampfbegriff ‚neoliberal‘ aus der Mottenkiste. Da kann man sich nur wundern. Wenn die Nord-SPD mit den Kommunen immer so gut umgegangen wäre wie diese Koalition, hätten diese deutlich weniger Probleme. Die Kommunen müssen weiter investieren können: In Straßen, Schulen, Kitas, Digitalisierung oder auch Krankenhäuser. Das Land wird ebenfalls weiterhin kräftig investieren und mehr für Bildung, Klimaschutz, Forschung und Gesundheit tun. Für die Digitalisierung brauchen wir dauerhaft höhere Etats zur Verwaltungsmodernisierung, für Schulen und Hochschulen und für weitere Projekte. Das Geld muss aber auch zügig und sinnvoll abfließen.

Das Gleiche gilt für die Elektromobilität: Da brauchen wir nicht immer höhere Kaufprämien, sondern eine sinnvolle Infrastruktur zum Laden, damit das auch praktikabel wird. Wo hoffentlich auch Einigkeit besteht: Wir müssen noch mehr für die Kultur- und Veranstaltungsbranche auf den Weg bringen. Und wir sollten jetzt für Start-Ups und andere Gründer bessere Möglichkeiten schaffen. Am wichtigsten aber bleiben Mut, Zuversicht, Zusammenhalt, Kreativität und Vertrauen in die Stärke unseres Landes!“