Christopher Vogt zu TOP 5 "Förderung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in Schleswig-Holstein"

CV

In seiner Rede zu TOP 5 (Förderung des Einsatzes von Künstlicher Intelli- genz in Schleswig-Holstein) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

,,Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) kommt seit Jahren in immer schnellerer Folge auf die Tagesordnung. War es vor zehn Jahren vielleicht noch eher ein Thema bei der Gamescom oder beim ChaosComputerClub, hat heutzutage eigentlich jeder zumindest eine grobe Ahnung, was sich hinter KI verbirgt, auch wenn die Alltagserfahrungen für den einzelnen Bürger teilweise noch überschaubar sind.

Es ist jedoch ein Trugschluss, wenn man das Thema KI für reine Zukunftsmusik halten würde. Wir haben heute schon Autos, die mit einem kommunizieren und teilweise auch autonom fahren können. Kühlschränke, die selbst einkaufen und autonome Staubsauger oder Rasenmäher, was mir persönlich sehr entgegenkommt.

Es geht also nicht um die Frage, ob unsere Gesellschaft bei KI irgendwie mitmacht oder nicht, sondern um die Frage, wie wir uns darauf vorbereiten, also inwieweit wir die Chancen nutzen und die Risiken im Zweifel auffangen.

Es geht um die Dominanz der USA und Chinas bei dieser gewaltigen technischen Revolution, die nicht mehr Jahrzehnte für Umwälzungen brauchen wird, sondern wohl nur einige Jahre und deren wirtschaftliche und soziale Folgen wohl gewaltig sein werden.

Zwei kurze Beispiele dazu, über die ich kürzlich gestolpert bin: In einer Studie der Uni Heidelberg wurde dargelegt, dass mit Hilfe von maschinellem Lernen KI in der Lage war, bösartige Melanome auf einem Röntgenbild besser zu erkennen als international anerkannte Top-Experten. Nur 22 Prozent dieser Ärzte konnten im Jahr 2018 den Algorithmus schlagen.

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass dies bald wohl kein Arzt mehr schaffen wird. Das hat große Vorteile für die Patienten, aber wird den Arztberuf natürlich erheblich verändern.

Ein weiteres Beispiel: JP Morgan hat dieses Jahr verkündet, eine Software einzusetzen, die innerhalb von Sekunden Dokumente analysiert, die 360.000 Arbeitsstunden von Fachpersonal entsprechen.

Da wird deutlich, welche ungeahnten Möglichkeiten sich bereits jetzt ergeben und zukünftig noch viel stärker ergeben werden. Aber man sieht eben auch, welche enormen Umwälzungen uns in der Arbeitswelt unmittelbar bevorstehen und welche drängenden sozialen Fragen sich daraus bis weit in die Mittelschicht hinein ergeben.

Daher ist es richtig und dringend notwendig, dass wir uns viel intensiver als bisher mit der Frage auseinandersetzen, wie wir uns beim Zukunftsthema KI positionieren wollen und unsere Gesellschaft angesichts der zunehmend zum Einsatz kommenden Künstlichen Intelligenz gestalten wollen.

Wir haben uns vorgenommen, eine digitale Vorzeigeregion zu werden. Beim Breitbandausbau sind wir gut, aber ansonsten gibt es da in den meisten Bereichen noch viel Luft nach oben. Wir werden dabei auch erhebliche finanzielle Mittel aufbringen müssen. Die 4,5 bzw. 7 Mio. Euro für KI sind ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Sie können natürlich nur ein Anfang sein.

Daher freue ich mich sehr über den Gesetzentwurf und die geplante Schaffung eines Sondervermögens. Das Instrument des Sondervermögens war und ist ja nicht ganz unumstritten, aber es macht hier Sinn und ich danke der Staatskanzlei für die bisher geleistete Arbeit beim Thema KI.

Die Konzentration auf wichtige Themen wie Medizintechnik, Küsten- und Klima-Modellierung und Datensicherheit nehmen die richtigen Themen ins Visier.

Wenn wir uns auf die Stärken in Schleswig-Holstein konzentrieren und die Maßnahmen bündeln, bin ich mehr als zuversichtlich, dass in baldiger Zukunft vorzeigbare Ergebnisse präsentieren werden können.

Allerdings muss ebenso klar sein, dass unsere Mittel in Schleswig-Holstein im weltweiten Vergleich begrenzt sind. Bei sechsstelligen Einstiegsgehältern für KI-Experten und dreistelligen Milliarden-Beträgen, die von den zwei Top-Forschungsnationen USA und China aufgerufen werden, kann die KI-Forschung in Europa nur mit massivem Kapitaleinsatz wirksam vorangetrieben werden.

2017 kamen 86 Prozent der Investitionen aus den USA und China. Da werden auch die drei Milliarden deutschen Forschungsgelder, wohlgemerkt bis 2025, keinen wesentlichen Unterschied machen. Daher ist es an der Bundesregierung, sich vorrangig für eine EU-weite KI-Strategie einzusetzen, damit wir im internationalen Umfeld mithalten können und rückwirkend auch in Schleswig-Holstein profitieren können.

Es geht dabei übrigens nicht nur um die Frage des Erhalts unseres Wohlstandes und um wirtschaftliche Dominanz, sondern auch um ganz elementare Fragen der Ethik. Das Thema Social Scoring in China ist wirklich gruselig und wird gerade ja auch auf Unternehmen ausgeweitet. Das kann und darf kein Vorbild für unsere Gesellschaft sein.

Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass die Vorlage nur ein Anfang sein kann. Er mag überschaubar sein, ist aber dennoch wichtig. Wir stehen in Schleswig-Holstein bei der KI nicht am Anfang. Wir sollten aber dazu beitragen, dass die vorhandenen Kompetenzen stärker gebündelt werden. Wir sollten Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärker zusammenbringen und vor allem auf den Schwerpunkt Medizin und Gesundheitswirtschaft setzen.

Bei der Künstlichen Intelligenz muss es aber immer auch um die natürliche Intelligenz gehen. Deshalb wollen und müssen wir die Bildung weiter stärken. Den MINT-Bereich, aber auch die klassischen Kernkompetenzen und vor allem die Kreativität und Persönlichkeitsbildung, denn bei Empathie und Kreativität wird der Mensch hoffentlich immer überlegen sein."

 

Es gilt das gesprochene Wort.