Dennys Bornhöft zu TOP 19 „Gefährliche Weltkriegsmunition in Nord- und Ostsee bergen“

Abgeordneter Dennys Bornhöft

In seiner Rede zu TOP 19 (Gefährliche Weltkriegsmunition in Nord- und Ostsee bergen) erklärt der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:

„Vor unseren Küsten in Nord- und Ostsee liegen noch heute rund 1,6 Millionen Tonnen Munition. 1,3 Millionen Tonnen in der deutschen Nordsee und 300 000 Tonnen in der Ostsee. Ein Großteil davon wurde nicht bei Gefechten dort verbracht, sondern erst nach dem Weltkrieg verklappt. Frei nach dem Motto ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘. Im Rahmen der Demilitarisierung war es eine schnelle und einfache Lösung, die Munition kistenweise über Bord zu werfen.

Zum Thema Weltkriegsmunition wurde bereits in vorherigen Legislaturperioden hier im Landtag gesprochen. Einig war man sich eigentlich immer, dass hier etwas getan werden muss, um die Kriegsaltlasten zügig zu beseitigen. Das Thema ist also nicht brandneu, aber perspektivisch brandgefährlich. Doch während wir reden und uns dabei sogar einig sind, machen die Minen und Bomben auf dem Meeresgrund nur eines: sie korrodieren. Durch die verstärkte Nutzung der Meere zur Energiegewinnung und die Verlegung von Infrastruktur auf dem Meeresgrund werden wir mehr und mehr mit Funden von noch funktionsfähiger Munition konfrontiert. Mancher Fischer hatte hier auch schon unerwünschten metallischen Beifang. Dadurch steht das Thema Beseitigung von Weltkriegsmunition sowohl auf Bundesebene als auch bei den anderen europäischen Staaten immer häufiger oben auf der Tagesordnung.

Jedoch hat die Bundesregierung kürzlich auf eine kleine Anfrage der FDP- Bundestagsfraktion geantwortet, dass es weiterhin nicht erkennbar sei, ‚dass eine großräumige Gefährdung der marinen Umwelt über den lokalen Bereich der munitionsbelasteten Flächen hinaus vorhanden oder zukünftig zu erwarten ist‘. Deshalb plant sie innerhalb der Versenkungsgebiete bis-lang auch keine großflächige Beräumung. Das ist schlicht verantwortungs-los. Es zeugt auch nicht von faktenbasiertem Handeln. Wissenschaftler raten dringend dazu, eine Räumung vorzunehmen und die alten Bomben zu heben. Wir haben noch etwa 15 Jahre Zeit bis viele der Behälter soweit verrostet sind, dass große Mengen an TNT und anderen toxischen Stoffen ins Meer gelangen. Auch wenn der Zünder inaktiv ist, die Bombe tickt sozusagen weiter. Schleswig-Holstein hat es sowohl land- als auch meerseitig mit Unmengen an Bomben, Blindgängern und Munitionsaltlasten zu tun. Auch hierin begründet sich unser gesteigertes Interesse, dass zeitnah Fortschritte erzielt werden.

Ein weiterer sehr wesentlicher Aspekt aus Landessicht ist die hier vorhandene Kompetenz. Wir haben mehrere Forschungsprojekte hierzu, sowohl öffentlich als auch durch Unternehmen finanziert. In der Kieler Region wird aus verschiedenen Perspektiven zum Thema Kriegsaltlasten geforscht und entwickelt. Es gibt Projekte wie AMUCAD, die auch dank künstlicher Intelligenz eine Kartierung der Munition vornehmen. Am toxikologischen Institut an der CAU von Prof. Maser wird über die Schadwirkung und die Risiken geforscht. Das GEOMAR ist mit den Projekten UDEMM und ROBEMM bei der Entwicklung von Bergungs- und Entschärfungsmethoden beteiligt. An erster Stelle ist das Thema eine Belastung – für Mensch, Natur als auch für die Volkswirtschaft. Da die Belastung aber zwingend zu beseitigen ist, sollte hier auch der wirtschaftliche Aspekt mit einbezogen werden. Die Kiel Region bietet sich perfekt für ein Excellenzcluster Munitionsbeseitigung an. Beim Bund und der Europäischen Union müssen wir mehr dafür werben, da auch andere Regionen wie z.B. Rostock oder auch Regionen im EU-Ausland großes Interesse daran haben, Zentrum für die Bergung und Beseitigung der Munition zu werden – schließlich geht es hierbei auch um viel Geld und viele hochbezahlte Arbeitsplätze.

In der Kolberger Heide, fast in Sichtweite des Plenarsaales, liegen ca. 18.000 Tonnen Kampfmittel, die sich bis zu sechs Meter über den Meeres-grund stapeln. Es würde sich anbieten, für diesen leicht zugänglichen und eher überschaubaren Bereich mit einem Delaborations-Projekt zu beginnen. So können Erfahrungswerte gesammelt und Arbeit und Ergebnisse skaliert werden. Mit dem heutigen Beschluss wollen wir einen wichtigen Aspekt aus dem Jamaika-Koalitionsvertrag zum Meeresschutz umsetzen und somit die Kartierung als auch die Bergung schneller in Gang bringen. Die Kriegsaltlasten sind wie Schulden für die kommenden Generationen. Diese Schulden gegenüber Natur und unseren Nachfahren müssen wir zeitnah abbauen, bevor es zu spät ist. Die Uhr tickt.“