Dennys Bornhöft zu TOP 22 "Sicherheitsstandards für Medizinprodukte"

DB

In seiner Rede zu TOP 22 (Gleiche Sicherheitsstandards für Medizinprodukte wie bei Medikamenten) erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:

,,Die kürzlich erschienene Veröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung zu den ,Implant Files` sorgt für Unbehagen, teils auch Wut, insbesondere natürlich bei Betroffenen. Die ,Implant Files` werfen Fragen auf, inwieweit in Deutschland und Europa unnütze oder schädliche Produkte im Gesundheitswesen auf dem Markt gebracht wurden.

Sowohl der Antrag der SPD als auch diverse Medienberichterstattungen fordern eine Verschärfung der Zulassungsmethoden. Wenn man sich das Medizinproduktegesetz in den §§ 4 anschaut, stellt man fest, dass es in Deutschland gar kein Zulassungsverfahren im eigentlichen Sinne gibt. Geregelt wird nur, wie ein Medizinprodukt in den Verkehr in den europäischen Staaten gebracht werden kann. Dies läuft derzeit so ab: Ein privates Institut, z.B. TÜV, Dekra und viele andere, prüft, ob technische Normen eingehalten werden. Nach erfolgreicher Überprüfung erhält das Produkt ein CE-Zeichen, die französische Abkürzung für Europäische Gemeinschaft. Diese CE-Kennzeichnung allein ist wiederum aber kein Siegel bezogen auf die Leistungsfähigkeit oder den Patientennutzen der Produkte. Dies wird sicherlich ein wesentlicher Punkt in der Anhörung und Debatte im Sozialausschuss sein, ob und inwieweit hier nicht andere Maßstäbe anzusetzen sind. Im Zweifel wird man aber in Richtung Europäisches Recht gehen müssen.

Der neueren Presseberichterstattung war zu vernehmen, dass der Hersteller sich ein anderes Prüfinstitut in Europa suchen kann, falls ihm das CE-Siegel versagt wurde. Kritisch wäre dies, wenn es zu unterschiedlichen Produkteinschätzungen zwischen den Prüfinstitutionen kommen würde und dadurch ein bereits einmal nicht zugelassenes Medizinprodukt nunmehr doch zugelassen werden würde. Dann wären die Anforderungen nicht einheitlich. Insbesondere bei sensiblen Produkten wie Herzschrittmachern ist ein einheitliches System zur Marktzulassung und -überwachung unerlässlich. Des Weiteren wirft es zumindest Fragen auf, dass die benannten Stellen privatrechtlich von den Herstellern für die CE-Prüfung beauftragt und auch bezahlt werden. Bei der Rollenverteilung könnten hier Interessenskonflikte entstehen.

Die Zahl der Rückrufe von Medizinprodukten und anderer Vorkommnisse ist laut Techniker Krankenkasse in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

Gab es im Jahr 2004 noch rund 3.100 Risikomeldungen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, hat sich die Zahl 2017 fast verfünffacht. Das liegt zum einen an der europaweit großen Menge von jährlich etwa 30.000 Neuentwicklungen. Das liegt aber auch daran, dass der Einsatz von Medizinprodukten steigt. Das ist für die medizinische Versorgung und Lebensqualität der Bevölkerung prinzipiell auch richtig. In Deutschland gibt es seit 2011 das sogenannte Endoprothesenregister. Hier werden ­ bisher leider nur auf freiwilliger Basis ­ Daten von implantierten Hüft- und Knieprothesen zusammengeführt. Damit soll die Qualität der Behandlung verbessert werden. Auch für andere Hochrisikoprodukte wie Herzschrittmacher oder Brustimplantate wäre ein solches Register sinnvoll. Dadurch könnten Langzeitdaten gesammelt, verglichen und Patienten bei Produktrückrufen schneller informiert und gewarnt werden. Auf EU-Ebene ist solch eine zentrale Datenbank bereits in der Umsetzung, die hoffentlich möglichst einfach für Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten zugänglich sein wird. Leider ist letzteres bisher nicht geplant.

Nicht nur in der Prophylaxe, sondern auch im Nachgang, wenn jemand einen Schaden bereits erlitten hat, gibt es Diskussionspunkte und Verbesserungsbedarfe. Melden Firmen, die fehlerhafte Medizinprodukte hergestellt haben, Insolvenz an, haben weder die Krankenkassen noch die betroffenen Patienten eine Möglichkeit, ihre Schadenersatzansprüche durchzusetzen.

Die EU-Vorgaben klammern die Insolvenz bisher aus. Im Sinne der Absicherung der betroffenen Patienten, die teilweise durch lange Krankheit große finanzielle Einbußen und Einschnitte in der Lebensqualität haben, braucht es weitergehende Lösungen. Zu diskutieren ist, inwieweit z.B. die Hersteller zukünftig zu einer Produkt-Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckung zu verpflichten wären.

Abschließend möchte ich herausstellen und betonen, dass das Sozial- und Gesundheitsministerium bereits gehandelt hat bevor das Thema auf der bundes- und landespolitischen Agenda stand. Es hat das Personal für die medizinische Überwachung deutlich aufgestockt, indem es die Zahl der Vollzeitstellen auf nun 26 mehr als verdoppelt hat. Die Landesregierung hat das Thema also bereits voll auf dem Schirm."