Soziales/ Pflege- und Heimkinder finanziell entlasten

Dennys Bornhöft zu TOP 28 „Pflegekinder und Heimkinder finanziell entlasten“

Dennys Bornhöft

In seiner Rede zu TOP 28 (Pflegekinder und Heimkinder finanziell entlasten) erklärt der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:

„Kinder und Jugendliche gehören zu den schwächsten gesellschaftlichen Gruppen. Dies gilt noch stärker für jene, die in Pflegeeinrichtungen leben. Eine wohlbehütete Kindheit im elterlichen Haus ist leider nicht allen gegeben. Gerade junge Menschen, die sich vor ihrer Volljährigkeit Arbeit suchen oder eine Ausbildung beginnen und sich eine Grundlage für ein späteres Leben aufbauen wollen, bedürfen mehr finanzieller Unterstützung als Jugendliche, die im eigenen Elternhaus groß werden. Pflege- und Heimkindern können nämlich bis zu 75 Prozent ihres Einkommens abgenommen werden. Das sehen die derzeitigen Abgaberegeln leider vor, mit der Begründung, dass damit die – zugegebenermaßen nicht geringen – öffentlichen Kosten für ihre Unterbringung in Teilen gegenfinanziert werden sollen. In meinen Augen werden Pflege- und Heimkindern damit aber große Steine in den Weg gelegt, die wir aus dem Weg räumen sollten. Mit diesen Abgaberegeln behindern wir diese Jugendlichen in ihrem Weg zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Lebensgestaltung

Folgende Beispielrechnung führt das sehr deutlich vor Augen: Viele Aushilfsjobs für Minderjährige sind mit 6–10 Euro pro Stunde entlohnt. Nach Abzug von 75 Prozent bleiben somit noch 1,50 bis 2,50 Euro pro Stunde übrig. Wo bleibt hier der Anreiz arbeiten zu gehen? Das ist im höchsten Maße ungerecht und muss bei den Jugendlichen zwangsläufig einen Eindruck erwecken, der nicht förderlich ist. Da wird man sich als junger Mensch schon fragen, ob sich eigene Arbeit überhaupt lohnt. Man wird sich auch fragen, wie das bei anderen jungen Menschen vonstattengeht, ob anderen im gleichen Maße Steine in den Weg gelegt werden bei ihrer persönlichen Entwicklung.

Ein weiteres unbehagliches Gefühl kann hinzukommen: Die finanzielle Heranziehung kann auch als eigene Verantwortlichkeit für die Situation der Kinder empfunden werden; sprich, dass die Kinder in den Pflegeeinrichtungen stets selbstverschuldet untergebracht sind. Dass dies eher selten der Fall ist, ist klar, aber trotzdem muss es für diejenigen Pflegekinder, die sich aus eigener Motivation einen Job suchen wie eine Bestrafung wirken. Daher freue ich mich, dass wir über dieses wichtige Thema diskutieren und an Verbesserungen arbeiten werden. Bestehende Hürden, die es einem schwer machen, Arbeit aufzunehmen, die den Einstieg ins Berufsleben erschweren, sind konsequent abzubauen. Ich werte finanzielle Heranziehungsregelungen demotivierend gegenüber der Aufnahme eines Jobs. Ich denke, die meisten hier können sich noch an ihre erste Gehaltszahlung erinnern, also die vor der Abgeordnetentätigkeit. Was für ein tolles Gefühl das war, nach einem Monat Arbeit, sei es Minijob, Ausbildung oder auch freiberuflich, die Wertschätzung für die geleistete Arbeit in Geld zu erfahren. Gerade in jungen Jahren ist es wichtig, früh zu erleben, dass sich eigene Leistung, eigene Arbeit lohnt und wichtig für die Gestaltung des eigenen Lebens ist. Sowohl die FDP-Bundestagsfraktion als auch die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein haben ähnliche Beschlusslagen wie die nun vorliegende Initiative. Und daher begrüße ich die grundsätzliche Ausrichtung des Antrags ausdrücklich.

Ich möchte aber noch gerne im Sozialausschuss ein paar Fragen erörtern, so z.B. wie viele Personen in Schleswig-Holstein in den Kreisen und kreisfreien Städten in welchem Maße bisher von dieser Anrechnung betroffen sind und von welchen Summen wir am Ende konkret sprechen. Voraussichtlich wäre hier auch die Konnexität zu prüfen und wie dann die Gegenfinanzierung ausschauen müsste. Eine weitere Frage ist, ob eine vollständige Außerachtlassung des Einkommens überhaupt sinnhaft ist oder wir dadurch rechtlich und sozialpolitisch beispielsweise ein Ungleichgewicht mit jungen Menschen, die in SGB II-Bedarfsgemeinschaften leben, schaffen. Auch Kinder im familiären Hartz IV-Bezug werden zur Sozialbedarfsdeckung herangezogen. Eine vermeintliche Ungleichbehandlung haben wir hier bereits, da z.B. bei 200 Euro für das Einräumen von Regalen im Supermarkt dem Jugendlichen im SGB II-Bezug 120 Euro übrig bleiben, dem Pflegekind jedoch nur 50 Euro.

Vor allem für junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen ist es wichtig, dass wir untermauern, dass es sich immer lohnt, seinen eigenen Lebensunterhalt durch eine Beschäftigung zu bestreiten. Unser Ziel muss es daher sein, jedem Heranwachsenden den Einstieg ins Berufsleben so einfach wie möglich zu gestalten und ihm möglichst keine zusätzlichen Hemmnisse in den Weg zu legen.“

Es gilt das gesprochene Wort!