„Unser Antrag will in die Ausbildungsverordung für Juristen – genauer gesagt: für Rechtsreferendare – eine ‚europafreundliche‘ Ergänzung einfügen.
Was wir vorschlagen, ist zum Beispiel in unserem Nachbarland Hamburg seit einiger Zeit bereits gängige Praxis.
Rechtsreferendare können dort ausnahmsweise ihre Rechtsanwaltsstation unterbrechen, um eine kurze Ausbildungs- bzw. Praktikumsphase z.B. bei der EU-Kommission in Brüssel zu absolvieren.
Es ist – so meine ich – völlig klar, dass derartige europäische bzw. internationale Erfahrungen nicht nur den jungen Rechtsreferendaren, sondern auch deren späteren Arbeitgebern – also auch dem Land Schleswig-Holstein – nutzen.
Gegenwärtig ist das bei uns jedoch nicht möglich, weil es in der hiesigen Juristenausbildungsverordnung an der dazu erforderlichen Flexibilität mangelt.
Genauso wie die EU-Kommission nehmen auch Unterorganisationen der UNO Praktikanten nur zu bestimmten Zeiten bzw. Zeitpunkten auf. Zwischen Juni und September versinkt Brüssel, das Zentrum einer 500-Millionen-Einwohner-Staatengemeinschaft, in den Sommerschlaf, weshalb z.B. auch das Hanse-Office den Wunsch einer Rechtsreferendarin, dort eine Station zu absolvieren, ablehnte.
Andererseits war das Justizprüfungsamt in Schleswig mangels einer Rechtsgrundlage nicht bereit, die in Hamburg – wegen der dort geltenden flexibleren Ausbildungsverordnung – mögliche Unterbrechungslösung auch bei uns anzuwenden und damit das Praktikum in Brüssel zu einem anderen Zeitpunkt zu ermöglichen.
Die in Genf ansässigen UNO-Unterorganisationen ermöglichen beispielsweise die Aufnahme in eine solche ‚Stagiaire‘, d.h. in ein Praktikum, zu bestimmten festen Terminen wie dem 1. April und dem 1. Oktober. Auch dafür wäre es nötig, die Referendarausbildung so flexibel zu gestalten, dass junge Juristinnen und Juristen, die aus Schleswig-Holstein stammen, während ihres Referendariats auch internationale Erfahrungen sammeln können.
Es wäre im Übrigen absurd, wenn das Land bei der Einstellung von Juristen für den höheren Verwaltungsdienst einerseits zwar solche Erfahrungen wünscht und ihr Vorhandensein bei der Auswahl von Bewerbern auch positiv würdigt, andererseits aber ausgerechnet den eigenen schleswig-holsteinischen Rechtsreferendaren den Zugang zu solchen europäischen bzw. internationalen Kenntnissen durch eine zu starre Ausbildungsordnung versperrt.
Dies, meine Damen und Herren, gilt es zu ändern.
Die Steigerung der europäischen Kompetenz stärkt die Europafähigkeit einer Verwaltung, sich für die gestiegenen Anforderungen innerhalb des gemeinsamen europäischen Rechtssystems aufzustellen.
Bereits in der Zeit des Vorbereitungsdienstes erworbenes Wissen, die Erfahrung mit der Arbeit im internationalen Team sowie geknüpfte Netzwerke können später für einen Tätigkeit bei uns in Schleswig-Holstein nutzbar gemacht werden.
Es läge auch im Sinne einer ‚europafreundlichen Verwaltung‘, die unser aller Anliegen für den weiteren Ausbau europäischer Kooperation sein sollte, den Antrag der FDP-Fraktion zu unterstützen.“