Jan Marcus Rossa: Hände weg vom Internet! Meinungsäußerung im Internet darf nicht weiter von einer Genehmigung abhängen

Hande weg Internet

Zu den Äußerungen der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, erklärt der medienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Die Äußerungen von Frau Kramp-Karrenbauer empören viele Menschen völlig zu recht. Das Recht auf freie Meinungsäußerung muss auch im Internet gelten. Das muss auch für einen Aufruf gelten, bestimmte Parteien nicht zu wählen. Solche Meinungsäußerungen sind weder neu noch ein Phänomen des Internets. Es besteht für mich kein Zweifel, dass ein solcher Aufruf von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und es wäre wünschenswert, hier nicht gleich nach Regulierungen, insbesondere nach Verboten zu schreien.

Es mag ja sein, dass die Union und insbesondere ihre Bundesvorsitzende mit dem Meinungsdiskurs des 21. Jahrhundert überfordert ist. Das rechtfertigt aber keineswegs Eingriffe in das Recht der freien Meinungsäußerung, solange diese Meinungen nicht gegen bereits bestehende Verbots- und Strafgesetze verstoßen.

Erschreckender ist aber, dass die Forderungen der CDU-Vorsitzenden in die allgemeine politische Landschaft passen, wenn es um den Versuch der Regulierung des Internets und die Beschränkung der Meinungs- und Medienfreiheit im Internet geht. Schon heute ist festzustellen, dass sich die Landesmedienanstalten in der restriktiven Regulierung des Internets versuchen, indem sie von YouTubern, aber auch von privaten Zeitungsverlagen und anderen Live-Streamern Rundfunklizenzen verlangen. Eine sachliche und auch verfassungsrechtlich gebotene Rechtfertigung für eine Beschränkung der Medien- und Meinungsfreiheit im Internet ist nicht ersichtlich. Wir Freie Demokraten sind der Überzeugung, dass Meinungsäußerung im Internet nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht werden darf. Dabei ist es aus unserer Sicht völlig unerheblich, ob ein Video on-demand oder nur linear zur Verfügung gestellt wird. Das Internet ist der Motor einer vielfältiger werdenden Meinungs- und Medienlandschaft und das muss auch so bleiben. Die Gründe für den Genehmigungszwang beim Rundfunk sind hinlänglich bekannt. Sie können und dürfen aber nicht auf das Internet übertragen werden. Betätigungsfreiheit im Internet schafft ja keine rechtsfreien Räume. Auch im Internet ist zwingendes deutsches Recht zu beachten. Das gilt sowohl für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht als auch für den Jugendschutz. Die Geltung dieser Vorschriften hängt gerade nicht davon ab, dass bestimmte Angebote im Internet von einer „Rundfunklizenz“ abhängig gemacht werden. 

Diesen Standpunkt werden wir auch in die laufenden Beratungen zum Medienstaatsvertrag einbringen, in dem für viele Internetangebote eine Genehmigungs- und Anzeigepflicht geregelt werden soll. Wir Freie Demokraten sehen einen Medienstaatsvertrag, der die Freiheit des Internets nicht garantiert, sehr kritisch und werden in den Bundesländern dafür werben, dass sich die Regulierungsfantasien einiger Politiker und Medienanstalten nicht durchsetzen werden. Dennoch brauchen wir einen Medienstaatsvertrag, denn er kann auch dem Ziel dienen, die Medien- und Meinungsfreiheit im Internet zu stärken und zu schützen. Dazu gehören auch Regelungen, wie wir sie aus dem Presserecht kennen. Der Urheber von Meinungen muss erkennbar sein. Meinungsäußerungen müssen die Standards der Wahrheitspflicht erfüllen und Gegen- und Richtigstellungsansprüche müssen durchsetzbar sein. Für solche Regeln brauchen wir aber keine Genehmigungspflicht, bei der der Staat am Ende darüber entscheidet, wer sich wie im Internet wie betätigen darf.

Im Hinblick auf die Phantasien der CDU-Vorsitzenden aber gilt: Ob gedruckt, gesprochen oder YouTube: Parteien müssen es aushalten, dass jemand öffentlich sagt, dass er sie nicht wählt oder sogar von einer Wahl abrät. Ansonsten gelten die gleichen Grenzen der Meinungsäußerung, wie sonst auch. Zusätzliche Schranken darf es nicht geben. Auch nicht durch die verkorkste Übertragung des analogen Rundfunkbegriffs in die digitale Welt.“