Wohnungsbau/ Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum

Jan Marcus Rossa zu TOP 13 + 42 „Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 13 + 42 (Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum: Zulässigkeit und Gesetzentwurf) erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Es besteht kein Zweifel daran, dass wir in Schleswig-Holstein ein Problem auf dem Wohnungsmarkt haben. Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum und es ist absehbar, dass sich die Lage verschärfen wird. Und es liegt in unserer Verantwortung, Lösungen zu entwickeln, um diesem Problem entgegenzuwirken. Es ist auch für unsere Gesellschaft hochbrisant, wenn immer mehr Menschen mit geringen und mittleren Einkommen Schwierigkeiten haben, für sich und ihre Familien angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Mit dem Thema Wohnungspolitik haben wir uns in den letzten Monaten mehrfach beschäftigt und wir werden noch in diesem Jahr mit einer Novellierung bauordnungsrechtlicher Vorschriften dafür sorgen, dass der Bau neuer Wohnungen erleichtert wird. So schaffen wir Rahmenbedingungen, damit der in Schleswig-Holstein dringend benötigte neue Wohnraum geschaffen werden kann. Und wir werden weitere Anstrengungen unternehmen, um noch mehr Wohnraum in Schleswig-Holstein zu schaffen, den die Menschen brauchen. Dabei werden wir insbesondere den Bedarf an angemessenen und auch für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen bezahlbaren Wohnraum in den Fokus nehmen.

Wir werden uns auch dem sozialen Wohnungsbau zuwenden, ohne den es nicht gehen wird. Hier hat es in den letzten Jahrzehnten in erschreckendem Ausmaß Versäumnisse gegeben. Ich erinnere an den Ausverkauf kommunaler Wohnungsbestände und an die Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus. Dies ist verantwortungslos gewesen und wir werden den Flurschaden einer solchen Politik peu à peu beseitigen.

Ich frage mich aber auch, ob eine Änderung der Verfassung die richtige Antwort auf das erkannte Wohnraumproblem ist. Ja, es ist richtig, dass das Recht auf Wohnen zu den Menschenrechten gehört. Das allein rechtfertigt aber nicht, ein Recht auf Wohnen in deutsche Verfassungen aufzunehmen! Denn eine Verfassungsänderung würde tatsächlich nichts an der aktuellen Rechtslage ändern und hätte überhaupt keinen positiven Effekt auf den Wohnungsmarkt. Das Menschenrecht auf Wohnen wird schon heute durch das Grundgesetz und auch durch unsere Landesverfassung hinreichend geschützt. Die Aufnahme eines Staatsziels, wie von der Volksinitiative angestrebt, wird die Rechtslage tatsächlich nicht verändern und auch nicht verbessern, denn die sozialen Menschenrechte werden in Deutschland auch durch die bestehenden Vorschriften in unseren Verfassungen geschützt. Dieser Schutz ergibt sich unmittelbar aus der Menschenwürdegarantie in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Hieraus ergibt sich für den Bundes- und auch die Landesgesetzgeber ein Regelungs- und Gestaltungsauftrag. Der Staat ist verpflichtet, die Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben zu schaffen und zu sichern. Deshalb muss der Staat das sogenannte Existenzminimum garantieren und hierzu gehört eben auch das Wohnen. Diese Verpflichtungen sind heute vor allem im Sozialrecht, aber auch in den Mieterschutzrechten und in vielen anderen gesetzlichen Regelungen verankert.

Die zentrale Frage bleibt also: Verbessern wir die Lage der Menschen, die der Wohnraummangel in besonderem Maße trifft, mit einer Verfassungsänderung? Nein, das tun wir nicht! Es wäre reine Symbolpolitik ohne spürbare Wirkung für den Wohnungsmarkt und für die Wohnungssuchenden. Dann macht die Verfassungsänderung aber keinen Sinn. Und noch ein Gedanke, der gegen eine Verfassungsänderung spricht. Wir haben vor kurzem den 70. Geburtstag des Grundgesetzes gefeiert und deshalb sollten wir uns auch fragen, warum die Mütter und Väter unserer Verfassung ein Recht auf Wohnen weder als Staatsziel noch als Grundrecht aufgenommen haben. Sie waren der Ansicht, dass soziale Menschenrechte in erster Linie Leistungsrechte wären und es dem demokratischen Gesetzgeber vorbehalten sei, die Sozialpolitik auszugestalten. Dieser Verpflichtung müssen wir allerdings nachkommen und daran arbeiten wir in der Jamaika-Koalition intensiv. Unsere Ziele aber, für ausreichenden angemessenen Wohnraum in unserem Land zu sorgen, werden durch eine Verfassungsänderung eben nicht befördert. Eine Verfassungsbestimmung, die keine konkrete Wirkung entfaltet, hat meines Erachtens keine Existenzberechtigung.“

Es gilt das gesprochene Wort!