Jan Marcus Rossa zu TOP 14 "Reichsbürger in Schleswig-Holstein"

JMR

In seiner Rede zu TOP 14 (Reichsbürger in Schleswig-Holstein) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

,,Ich danke unserem Koalitionspartner, den Grünen für die Große Anfrage zur Reichbürgerbewegung. Mein Kollege Lasse Petersdotter ist auf zahlreiche Aspekte bereits eingegangen und auch die Antworten des Innenministeriums haben eine Vielzahl interessanter Informationen gebracht, die ja für die Allgemeinheit ohne die Anfrage nicht zugänglich sind.

Wichtig ist für mich die Einschätzung des Innenministeriums, dass die Reichsbürgerszene tatsächlich ein hohes Gefährdungspotential hat. Die krude Gedankenwelt dieser Menschen ist ja derart versponnen und abwegig, dass man sie als Verwirrte abtun möchte und damit wohl unterschätzt.

Es ist gut, dass unser Staat diese Bewegung bzw. diese Szene im Blick hat und beobachten lässt und damit hoffentlich in der Lage ist, der Realisierung der Gefahr frühzeitig entgegenzuwirken und sie zu verhindern.

Aber: Die Thematik wirft auch eine andere Frage auf, mit der wir uns nicht nur heute anlässlich der Debatte über die Ergebnisse der Großen Anfrage beschäftigen sollten. Wie wollen wir, die wir für dieses Land als gewählte Volksvertreter Verantwortung tragen, der Gefahr entgegenwirken, dass an den Rändern unserer Gesellschaft immer mehr Menschen sich von unserem Staat und unserer demokratischen und rechtsstaatlichen Gesellschaftsord- nung abwenden und sich offen gegen unseren Staat stellen. Für dieses Problem stehen ja nicht nur die Reichsbürger. Pegida, Legida und wie diese Sammlungsbewegungen auch alle heißen mögen, sind ja aus ähnlichen Motiven entstanden wie die Reichsbürgerbewegung, nämlich aus einer diffusen Unzufriedenheit mit ,denen da Oben`. Und diese Haltung ist bedauerlicherweise auch bei dem einen oder anderen Vertreter der AfD immer öfter festzustellen.

Ich will aber auch nicht den linken Rand vergessen. Auch dort gibt es Gruppierungen und Bewegungen, die den Staat als Feind begreifen und ihn abschaffen wollen. Ich darf hier die gut organisierten und orchestrierten Aktionen unterschiedlicher linksextremer Bewegungen anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg in Erinnerung rufen. Wir müssen mit beiden Augen dieses Problem im Blick haben und dürfen weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind sein.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Menschen von der Politik in diesem Land enttäuscht sind und sich abwenden. Hierauf allein mit staatsschutzrechtlichen oder polizeilichen Maßnahmen zu reagieren, führt zu einer weiteren Radikalisierung von Menschen, die sich zu Recht oder zu Unrecht von der Politik ausgegrenzt fühlen. Ich darf hier an den Radikalenerlass erinnern, der auch ein völlig untaugliches Mittel war, um auf den Protest und die Unzufriedenheit der damals jüngeren Generationen mit den herrschenden Verhältnissen zu reagieren. Aus dieser jüngeren Vergangenheit sollten wir lernen und uns die Frage stellen, wie wir Menschen, die sich bereits abgekehrt haben oder dabei sind, sich aus unserer Gesellschaft zu verabschieden, wieder einbinden können. Das müssen wir diskutieren. Wir müssen verlorengegangenes Vertrauen in uns und in die staatlichen Institutionen zurückgewinnen. Das werden wir nur schaffen, wenn wir die Probleme der Menschen in diesem Land ernst nehmen und offen und ehrlich und möglichst ideologiefrei nach Lösungen suchen. Das fällt uns in der politischen Diskussion nicht immer leicht. Aber hieran können und müssen wir arbeiten.

Wir müssen aber auch unsere Leistungsbilanz deutlich verbessern. Ankündigungen und Versprechungen müssen umgesetzt und erfüllt werden. Wir müssen uns peinlichst genau an die uns selbst gesetzten Regeln halten, was in der Vergangenheit ja auch nicht immer gelungen ist. Nur so werden wir der Absetzbewegungen am linken und rechten Rand unserer Gesellschaft und der Radikalisierung von enttäuschten Menschen entgegenwirken können. Verlässlichkeit und Seriosität sollten die Leitbilder unseres politischen Handelns sein. Wenn das in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird, dann werden wir auch der Reichsbürgerszene das heute bestehende Gefährdungspotential nehmen können."