Jan Marcus Rossa zu TOP 20 "Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsländer einstufen"

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In seiner Rede zu TOP 20 (Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsländer einstufen) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

,,Die AfD hat die ,Sicheren Herkunftsländer` zum Thema der heutigen Debatte gemacht, wohl wissend, dass die Zustimmung im Bundesrat Regierungshandeln ist und der Zustimmung aller koalitionstragender Fraktionen bedarf.

Nun ist es ja kein Geheimnis, dass die Grünen so ihre Schwierigkeiten mit dem Konzept der sicheren Herkunftsstaaten im Asylrecht haben. Eine Zustimmung des Landes Schleswig-Holstein zum Gesetz zur Einstufung Georgiens, Algeriens, Marokkos und Tunesiens als sichere Herkunftsstaaten scheint jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt und in der vorliegenden Gesetzesfassung eher unwahrscheinlich zu sein. Und auch das hat die AfD bei ihrem Antrag einkalkuliert. Doch wird dieses Kalkül jetzt nicht mehr aufgehen, denn der Bundesrat wird in der Sache am morgigen Freitag nicht entscheiden. Vielleicht können wir dann doch noch einen Weg finden, damit auch Landesregierungen, an denen die Grünen beteiligt sind, dem Gesetz über weitere sichere Herkunftsländer im Bundesrat zustimmen können. Ich halte das vor dem Hintergrund der Erfahrungen, die wir in der Jamaika-Koalition gemacht haben, nicht für ausgeschlossen.

Es ist meine Absicht, gemeinsam mit den Koalitionspartnern zu versuchen, auch bei der Frage der sicheren Herkunftsstaaten und den daraus resultierenden Konsequenzen mit neuen Ideen Lösungsvorschläge zu entwickeln, die auch von unserem grünen Partner mitgetragen werden können. Unzweifelhaft und unbestreitbar hat das Asylrecht in unserem Rechtsstaat einen sehr hohen Rang. Das werde ich aber sicherlich nicht mit der AfD diskutieren, denn die Absicht Ihres Antrags war, die demokratischen Parteien in diesem Landtag vorzuführen. Ihre Rechnung wird nun aber aus den vorstehend genannten Gründen nicht mehr aufgehen. Schade für Sie, gut für die demokratischen Parteien in diesem Land.

Ich will hier und heute die Gelegenheit nutzen, um dafür zu werben, alther- gebrachte Positionen beim Thema ,sichere Herkunftsstaaten` noch einmal in Frage zu stellen und in einem offenen Dialog innerhalb der Koalition über ein Konzept nachzudenken, wie wir einerseits Asylverfahren beschleunigen können, indem wir ,sichere Herkunftsstaaten` bestimmen und für Menschen aus solchen Staaten die Verfahren beschleunigen, ohne andererseits das berechtigte Rechtsschutzbedürfnis der Asylbewerber, die aus solchen sicheren Herkunftsländern kommen, zu vernachlässigen, sondern auch für sie ein faires und rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten.

Lassen Sie uns zum Beispiel darüber nachdenken, ob wir sichere Herkunfts- länder in unterschiedliche Kategorien einteilen können, für die eine unterschiedliche Darlegungs- und Beweislast gilt. Je sicherer ein Staat eingeschätzt wird, desto höher sind die Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis einer persönlichen Verfolgung im Einzelfall. Kann ein Staat nicht vorbehaltlos als sicher eingestuft werden, dann sollte ermittelt werden, bei welchen Sachverhalten bzw. Fallgruppen ein konkretes Verfolgungsrisiko besteht, sodass die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast gezielt abzusenken sind. Nehmen wir doch einfach das Beispiel Algerien. In diesem Land kann eine Verfolgung wegen Homosexualität nicht ausgeschlossen werden. Zudem gibt es immer noch die Todesstrafe. Mit dem heutigen Konzept der ,sicheren Drittstaaten` werden diese Tatsachen aber nicht hinreichend berücksichtigt. Das aber ist ein Rechtszustand, der meines Erachtens nicht zu Unrecht verfassungs- und auch menschenrechtlich kritisch gesehen werden muss. Hier sollte es aber unser Ehrgeiz sein, ein Regelungssystem zu schaffen, dass solchen Schwächen entgegenwirkt. Und genau hier setzt mein Lösungsvorschlag an.

Es müssten für jeden sicheren Herkunftsstaat erforderlichenfalls Fallgruppen festgelegt werden, bei denen die Vermutungswirkung ausgeschlossen wird. Algerien würde nicht als sicheres Herkunftsland gelten, soweit es um Verfolgungen wegen Homosexualität geht. In allen anderen Fällen würde aber die Vermutungswirkung greifen können. Das ist im Ergebnis eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Dies könnte die Lösung sein, die wir brauchen, um unsere Asylverfahren einerseits effizienter zu gestalten und andererseits den gebotenen Rechtsschutz sicherzustellen.

Für heute aber gilt: Der Antrag der AfD ist abzulehnen und innovative Lö- sungen diskutieren wir anschließend gerne mit den Parteien, die nicht fremdenfeindlich sind."

 

Es gilt das gesprochene Wort.