Innen und Recht/ Resolution zur repräsentativen Demokratie

Jan Marcus Rossa zu TOP 26 „Die repräsentative Demokratie lebt vom Vertrauen“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 26 (Die repräsentative Demokratie lebt vom Vertrauen) erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Seit Jahren zeigen Umfragen, dass das Vertrauen in die Politik und ihre Protagonisten erheblich sinkt. Man muss besorgt sein, wenn nur noch ca. 60 Prozent der Menschen Vertrauen in diese Institutionen und Organisationen haben. Erschreckend ist auch, dass 42 Prozent der Bürger die deutschen Politiker für ‚eher korrupt‘ halten. Vorherrschend ist die Meinung, dass Politiker ‚zu abgehoben‘ wären, nur Eigeninteressen verfolgten und zu wenig ‚normale Leute‘ Politik machten.

Wie das passieren konnte, ist eine schon in den 80er Jahren häufig gestellte Frage und überzeugende Antworten gibt es nach wie vor nicht. Ich halte viele Vorwürfe, die den Politikern gemacht werden, für nicht berechtigt. Und trotzdem besteht akuter Handlungsbedarf, um diesen Vertrauensverlust zu stoppen. Um es aber auch ganz klar zu sagen: Wir gewinnen Vertrauen nicht allein dadurch zurück, dass wir mal wieder wegen des Fehlverhaltens Einzelner strengere Verhaltensregeln für schleswig-holsteinische Abgeordnete schaffen. Das wird dem Vertrauensverlust nicht entgegenwirken. Vertrauen schafft man nicht durch neue Gesetze, sondern durch anständiges, ethisches, transparentes, empathisches und vor allem verlässliches Handeln! Verlässlichkeit und Offenheit spielen dabei die zentrale Rolle, wenn man Vertrauen zurückgewinnen will. Das haben wir zu oft nicht hinreichend beachtet. Nehmen wir beispielsweise die letzte Europawahl. Es wurde versprochen, dass das Wahlvolk auf die Besetzung der Kommission mit der Wahl würde Einfluss nehmen können und plötzlich präsentiert man den Wählern Ursula von der Leyen und nicht einen der anderen Spitzenkandidaten.

Oder ganz aktuell die Corona-Politik: Über Monate hinweg werden am Bundestag und allen Landtagen vorbei – wohlgemerkt der gewählten Vertreter des Volkes – im Verordnungsweg massive Grundrechtseinschränkungen beschlossen, was rechtsstaatlich und öffentlich hätte diskutiert werden müssen, wenn man dauerhaft Vertrauen gewinnen will.

Was mich überrascht, ist eine andere Erkenntnis. Die Mehrzahl der Menschen sehen einer Umfrage zufolge Kompromisse als Aufgabe der eigenen Prinzipien an und werfen dies der Politik vor. Aber die Demokratie lebt von Kompromissen. Gegenseitiges Verstehen, aufeinander Zugehen und auch Nachgeben sind die Grundpfeiler zur Konfliktlösung von Problemen. Wenn dies von den Menschen als Schwäche der Politiker und Parteien angesehen wird, haben wir ein Problem. Unsere zukünftige Aufgabe als Politiker wird also auch darin bestehen, den Menschen deutlich zu machen, dass Kompromisse ein hohes Gut im menschlichen und damit auch im politischen Zusammenleben sind. Ein Kompromiss ist die Einigung durch gegenseitige Zugeständnisse, es ist eine freiwillige Vereinbarung ohne Kampfwaffen – es gibt im besten Falle keine Verlierer oder Gewinner, und genau das gewährleistet ein friedliches Zusammenleben und ist ein Zugewinn für unsere Demokratie.

Wenn uns gelingt, politische Entscheidungsprozesse transparenter zu machen, politische Entscheidungen besser zu erklären und auch Sinn und Zweck von Kompromissen überzeugend darzulegen, dann werden wir verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Verhaltensregeln können nur den Rahmen vorgeben. Mit Leben füllen müssen diese Regelungen wir selbst, die Politiker.“

Es gilt das gesprochene Wort!