Justiz/ Resozialisierungsgesetz

Jan Marcus Rossa zu TOP 3 „Gesetz zur ambulanten Resozialisierung und zum Opferschutz“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 3 (Entwurf eines Gesetzes zur ambulanten Resozialisierung und zum Opferschutz in Schleswig-Holstein) erklärt der justizpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Schleswig-Holstein war schon in den vergangenen Jahrzehnten ein Vorzeigeland, was die Resozialisierung von Straftätern betrifft. Schleswig-Holstein hat bereits in den 90er Jahren konsequent umgesetzt, dass sich das Strafrecht nicht allein auf das Strafen beschränkt, also die Vergeltung von Unrecht, sondern auch die Resozialisierung im Blick haben muss, um neuen Straftaten vorzubeugen. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass Strafverfolgung und Bestrafung allein keinen Erfolg haben können, wenn die Resozialisierung vernachlässigt wird.

Immer wieder hat auch das Bundesverfassungsgericht auf den grundrechtlich geschützten Resozialisierungsanspruch hingewiesen und entschieden, dass bereits der Strafvollzug auf dieses Ziel auszurichten ist. Der Staat ist verpflichtet, Strafgefangene dabei zu unterstützen, dass sie zukünftig ein straffreies Leben in Freiheit selbständig führen können. Es geht schlicht darum, den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und die Lebenstüchtigkeit der Inhaftierten zu erhalten. In Schleswig-Holstein haben wir ein gut ausgebautes und funktionierendes System ambulanter Resozialisierungsmaßnahmen bestehend aus den Ambulanten Sozialen Diensten der Justiz, insbesondere der Bewährungshilfe, und den Freien Straffälligenhilfen. Der Erfolg der Resozialisierungsarbeit wird dokumentiert durch die niedrigste Inhaftierungsquote in Deutschland. Diese Quote ist Ausweis dafür, dass Resozialisierung in unserem Land funktioniert und seit vielen Jahren erfolgreich ist.

Ich hätte mir deshalb gerade mit Blick auf die handelnden Personen, die für diesen Erfolg stehen, gewünscht, dass wir mit unserem Regelungsansatz insbesondere bei der Neuorganisation der Bewährungshilfe von diesen Akteuren mehr Zustimmung erfahren hätten. Ich habe persönlich, zum Teil gemeinsam mit meinen Kollegen von CDU und Grünen, mehrere intensive Gespräche geführt, wie eine sinnvolle Organisationsstruktur der Bewährungshilfe in Schleswig-Holstein hätte aussehen können und wir haben diese Thematik auch intensiv im Innen- und Rechtsausschuss diskutiert. Leider waren die Diskussionen nicht in der Weise von Erfolg gekrönt, dass wir mit den Bewährungshelfern einen Konsens hätten herstellen können. Und deshalb möchte ich auf diese Meinungsverschiedenheiten auch noch einmal eingehen: Aus Sicht der Bewährungshilfe hat sich das sogenannte Sprechersystem einschließlich eines fachlich vorgesetzten Richters in den Landgerichtsbezirken bewährt. Und in der Tat sprechen die Resozialisierungserfolge eigentlich dafür, auf Änderungen zu verzichten. Allerdings spricht für die Strukturänderung, dass die Funktionen eines Fachvorgesetzten nicht wirklich durch Berufsfremde ausgeübt werden können und Richterinnen und Richter mögen zwar gute Juristen sein und aus der richterlichen Perspektive auch ein gewisses fachliches Verständnis für die Arbeit der Bewährungshilfe aufweisen. Sie sind aber dennoch keine Fachleute und verfügen eben gerade nicht über die beruflichen Qualifikationen, die von den Bewährungshelfern und Bewährungshelferinnen verlangt werden.

Das ist auch in der mündlichen Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal sehr deutlich herausgearbeitet worden. Die Erfahrungen in anderen Bundesländern, aber auch das Aufgabenverständnis der Richterinnen und Richter in ihrer Eigenschaft als Fachvorgesetzte sprachen am Ende dafür, an der Strukturänderung festzuhalten und künftig Fachvorgesetzte einzusetzen, die über die erforderliche berufliche Qualifikation verfügen, insbesondere einen Hochschulabschluss in Sozialer Arbeit. Ich habe die Erwartung, dass sich das neue System in der Praxis bewähren wird und ich hoffe, dass dann auch die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer den Vorzug der neuen Organisationsstruktur erkennen und sich mit dieser anfreunden können. Denn eines ist klar: Die Erfolgsgeschichte der Resozialisierung in Schleswig-Holstein wird ohne die Menschen, die tagtäglich in der Bewährungshilfe ihren verantwortungsvollen Dienst verrichten, nicht ohne weiteres fortgeschrieben werden können.“

Es gilt das gesprochene Wort!