Wirtschaft/ Baubranche stärken

Kay Richert zu TOP 13+56 „Baubranche stärken“

Kay Richert

In seiner Rede zu TOP 13+56 (Baubranche stärken - Potentiale öffentlicher Auftragsabwicklung nutzen und Schriftlicher Bericht zur Rohstoff- und Baumaterialversorgung in der Bauindustrie und dem Bauhandwerk und Auswirkungen auf die schleswig-holsteinische Wirtschaft) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„Das waren schon beunruhigende Zahlen: 46 Prozent der Unternehmen der Wohnungswirtschaft melden Verzögerungen bei ihren Bauvorhaben, knapp 20 Prozent stellen sogar geplante Bauvorhaben zurück. Es fehlt vor allem an Bauholz, aber auch Dämmmaterial, Buntmetalle wie Kupfer sind knapp geworden, Stahl oder Gips auch. Als Ursache gilt, dass unsere Wirtschaft erst erheblich später als in China oder den USA wieder angelaufen ist und diese großen Märkte unsere Rohstoffe absaugen. Tatsächlich sind die Rohholzexporte von 2019 auf 2020 um über 42 Prozent angewachsen. Und ziemlich schnell kam der Ruf nach Abschottung auf: Kein Holz, kein Metall, kein Kunststoff sollte Deutschland mehr verlassen.

Ich gebe zu: Auf den ersten Blick wirkt das ja durchaus logisch. Je weniger wir weggeben, desto mehr bleibt hier. Aber: Ist das Problem wirklich so groß, wie es beschrieben wurde? Und ist Protektionismus wirklich die Lösung? Ich habe natürlich sofort meine engen Verbindungen ins Handwerk genutzt und nachgefragt: Was können wir tun, um euch zu unterstützen? Und da habe ich schon sehr früh die Rückmeldung bekommen: Nein, wir wollen keine staatlichen Eingriffe. Ja, Rohstoffe sind aktuell knapper. Ja, die Lieferzeiten haben sich verlängert. Aber die Baubranche sieht keine Arbeitsplätze in Gefahr. Kurzarbeit aufgrund des Engpasses wird die absolute Ausnahme bleiben. Im Gegenteil: Von den Materialengpässen betroffene Unternehmen planen sogar, ihre Beschäftigung mehr auszuweiten als nicht betroffene. Und spätestens zum Jahresende hin rechnet das Handwerk mit einer Stabilisierung der Preise auf erhöhtem Niveau und einer Normalisierung der Lieferzeiten.

Ich will nicht verschweigen, dass es auch Betriebe gibt, die durch die gestiegenen Preise in Schwierigkeiten geraten sind; nämlich dann, wenn in den Bauwerksverträgen Festpreise für Materialien vereinbart wurden. Da die Verträge teilweise schon mehrere Monate alt sind, kann die Marge die Steigerungen dann nicht mehr auffangen. In neuen Verträgen werden daher nun Preisgleitklauseln verwendet oder Tagespreise vereinbart. Das gilt auch für den Bereich des öffentlichen Bauwesens. Ich will nicht bestreiten, dass die Situation für einige Betriebe krisenhaft ist. Und immer dann, wenn es um Menschen und ihre Schicksale geht, ist politisches Handeln nicht nur legitim, sondern angezeigt. Schließlich ist Wirtschaftspolitik immer auch Sozialpolitik. Aber unter den vorliegenden Bedingungen wäre es schädlicher, als Staat in die Marktmechanismen einzugreifen, als eben diese Mechanismen wirken zu lassen.

Wer durch die Verteuerung von Baumaterial dauerhaft schlechter gestellt wird, das sind kleine Häuslebauer, das sind Familien, die sich ein bescheidenes Eigenheim bauen möchten. Und da können wir tatsächlich etwas tun. Wir wollen deshalb großzügige Freibeträge für Häuslebauer. Und auch Planungsvorgänge und Bauvorschriften würden wir gerne vereinfachen und dadurch auch billiger machen. Ich würde mich freuen, wenn wir dazu eines Tages die politischen Mehrheiten finden würden. Krisen sollten immer dazu genutzt werden, Bestehendes zu hinterfragen und Lehren zu ziehen. Eine Lehre wird in dem Bericht der Landesregierung genannt, nämlich der vermehrte Einsatz von recycelten Baustoffen. Das macht uns unabhängiger und ist nebenbei auch schonender für die Umwelt. Wenn das mal keine gute Nachricht ist! Eine weitere könnte sein, dass wir in der Forstwirtschaft mehr Sukzessionsflächen zulassen. Denn neben der erhöhten Nachfrage aus Übersee ist das Holz auch deshalb knapp, weil aufgrund Trockenheit, Windbruch und Schädlingsbefall sehr viel Kalamitätsholz produziert wurde. Flächen mit natürlich nachgewachsenem Bestand speichern große Mengen Wasser, sind widerstandsfähiger gegen Schädlinge und Windwurf. Ein weiteres Beispiel dafür, wie richtig gemachter Naturschutz ein Vorteil für alle sein kann.

Unsere Betriebe in Handwerk und Bauindustrie stehen stark da und geben selbst an, dass sie gut durch die Lieferengpässe kommen werden. Arbeitsplätze sind nicht in Gefahr. Es besteht also kein Grund zu intervenieren. Ich bedanke mich bei den Handwerkskammern in Flensburg und Lübeck sowie bei den Innungen für die ausführlichen Gespräche und das große Vertrauen. Wenn diese Situation eines gezeigt hat, dann das: Der Draht zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Abgeordneten und Handwerk ist kurz und wir können uns aufeinander verlassen.“

Es gilt das gesprochene Wort!