Wirtschaft/ Corona Wirtschaftshilfen

Kay Richert zu TOP 21+25 „Corona: Wirtschaftshilfen“

Kay Richert

In seiner Rede zu TOP 21+25 (Corona: Wirtschaftshilfen) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„‘Hals-über-Kopf-Versprechen‘ sind meist das Gegenteil von durchdachten Konzepten. Spontane Zusagen und Beschlüsse, die ohne gemeinsame Vorbereitung entstehen, führen in aller Regel zu Chaos und Unklarheit. Die vergangenen Ministerpräsidentenkonferenzen und insbesondere die entsprechenden ‚Vorbereitungen‘ durch das Bundeskanzleramt haben dies leider eindrucksvoll bestätigt. Dies gilt umso mehr für die versprochenen ‚außerordentlichen Wirtschaftshilfen‘, beziehungsweise ‚Novemberhilfen‘, wie sie ja jetzt vielfach genannt werden.

Das großmütig angekündigte Konzept für die Hilfen lag bekanntermaßen nicht bis Ende Oktober vor. Und auch die ersten Entwürfe, die nach einer Woche langsam eingingen, entsprachen nicht den Zusagen des Bundes. Mittelbar Betroffene wurden zunächst völlig ignoriert. Die Bundesregierung und insbesondere Peter Altmaier und Olaf Scholz schienen sich über den Ernst der Lage, die Existenzen, die auf dem Spiel stehen, überhaupt nicht bewusst zu sein. Das ist völlig inakzeptabel. Denn wenn der Bund das wirtschaftliche Leben herunterfährt und entsprechende Kompensationen verspricht, dann muss er sie auch zügig auf den Weg bringen.

Es hat gute zwei Wochen gedauert, bis sich die Konditionen des Bundes für die Wirtschaftshilfen nennenswert verbessert haben. Und diese Verbesserungen sind insbesondere auf den Druck der Wirtschaft und des Landes Schleswig-Holstein zurückzuführen. Viele von uns Abgeordneten haben sich eingebracht und sämtliche Kontakte genutzt. Besonders Daniel Günther und Bernd Buchholz haben in eindrucksvoller Manier alle Hebel in Bewegung gesetzt, um auf den Bund einzuwirken. Für diesen engagierten Einsatz möchte ich meinen größten Dank aussprechen. Im Gegensatz zu den Vertretern vieler anderer Bundesländer haben Sie beide wie kaum jemand anderes für die Schleswig-Holsteiner gekämpft. Und gerade die CDU war dabei auch mit Kritik an den eigenen Parteifreunden in Berlin nicht sparsam.

Die neuen Konditionen für die November- und die Überbrückungshilfen III stellen für viele Betroffene eine wichtige Verbesserung dar. Wer seit fast einem dreiviertel Jahr in Ausübung seines Berufes eingeschränkt oder gehindert ist, geht mittlerweile auf dem Zahnfleisch. Die Existenzangst, vor der viele Unternehmen und vor allem auch Soloselbständige stehen, müssen wir uns alle viel bewusster machen. Wer sein Geld jeden Monat automatisch überwiesen bekommt, kann sich die existenziellen Sorgen derer, die auf Umsatz angewiesen sind, vielfach gar nicht vorstellen. Es ist leicht gesagt, dass man doch eine vierwöchige Betriebsschließung schon überstehen könne. Da wird aber häufig außer Acht gelassen, dass viele Unternehmen und Selbständige bereits im letzten halben Jahr Monat für Monat ihre Rücklagen oder Altersvorsorgen anfassen mussten und diese endlich sind. Von daher sind die jetzigen Wirtschaftshilfen enorm wichtig. Es ist gut, dass der Bund eingesehen hat, dass die ursprünglich genannten zehn Milliarden Euro nicht ausreichen und daher aufgestockt werden.

Lassen Sie mich bitte noch ein Wort zu den Soloselbständigen sagen, die ja bislang immer durch das Raster gefallen sind. Die jetzt angedachte ‚Neustarthilfe‘ geht schon in die richtige Richtung, wie ich mir eine Hilfe für die Soloselbständigen vorstelle. Die Hilfe ist pauschal und sie gilt nur für bedürftige Betriebe, deren Bedürftigkeit auch im Nachhinein überprüft wird.

Aber 5.000 Euro für sieben Monate? Wer soll denn davon leben, geschweige denn sein Unternehmen stützen? Da nützt es den Betroffenen auch nichts, dass die ‚Neustarthilfe‘ nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden soll. Denn diese Sozialleistung – die Grundsicherung – bekommt fast kein Soloselbständiger. Das ist eine Leistung, die zu der besonderen Lage der Soloselbständigen nicht passt. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Soloselbständigen einen Unternehmerlohn in Höhe von 1.500 Euro pro Monat brauchen, der pauschal gezahlt wird, der an eine Bedürftigkeit gekoppelt ist und der rückwirkend ab März 2020 beantragt werden kann. Und ich freue mich, dass ich in dieser Auffassung in der gestrigen Anhörung so prominent unterstützt wurde.

Die aktuellen Hilfen sind wichtig, aber auf Dauer ist der aktuelle Zustand keine Lösung. Es muss im kommenden Jahr Priorität haben, den politischen Schwerpunkt von ‚Wirtschaftshilfen‘ zu ‚Wirtschaft helfen‘ zu verlegen. Dazu gehört, dass es sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene eine wachstumsfreundliche Politik geben muss. Wachstum darf nicht länger, wie von einigen propagiert, als etwas Schlechtes verteufelt werden. Wirtschaftliches Wachstum ist vielmehr die Grundlage für die Herausforderungen unserer Zeit, die von der Corona-Pandemie über Altersarmut bis zum Klimawandel reichen.

Es bedarf daher auch eines ernstgemeinten Belastungsmoratoriums, damit die Wirtschaft in der aktuellen Krise nicht noch durch zusätzliche, wirkungslose Bürokratie belastet wird. Das Lieferkettengesetz oder das Verbandssanktionierungsgesetz sind da nur zwei Beispiele. Was wir stattdessen brauchen, sind gerade jetzt Investitionen auf hohem Niveau – Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung, Digitalisierung und Innovationen. Dafür sollten wir alle gemeinsam sorgen.“

Es gilt das gesprochene Wort!