Stephan Holowaty zu TOP 16 "Uploadfilter verbieten"

SH

In seiner Rede zu TOP 16 (Uploadfilter verbieten ­ Verträge mit Verwertungsgesellschaften schließen) erklärt der digitalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:

,,`Upload-Plattformen sollen auch künftig als freie, unzensierte Kommunikationskanäle für die Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen`. Welch wahrer Satz aus der unverbindlichen Protokollerklärung der Bundesregierung zur EU-Urheberrechtsrichtlinie. Alldieweil, mir fehlt der Glaube. Ich kann mir weder technisch noch juristisch vorstellen, wie in Deutschland Uploadfilter verboten, in anderen Ländern aber verpflichtend sind. Nur eine andere Maßnahme ist denkbar: Manuelle Uploadfilter. Jeder Upload muss manuell geprüft werden. Die Veröffentlichung eines Beitrags dauert dann eben Stunden, Tage oder Wochen. Das wäre dann das andere Ende des Mitmachnetzes.

Alleine auf Facebook werden in Europa pro Tag knapp 100 Millionen Fotos hochgeladen. 100 Millionen! Dazu kommen Videos, Links und andere Medien. Dazu kommen Twitter, Instagram und all die anderen Plattformen. Und man mag sich diesen Irrsinn vorstellen: Allein YouTube hat in seine derzeitige weltweite Filterung bereits rund 100 Millionen US-Dollar investiert. Und dann müssen für Uploads aus Deutschland heraus Zensurzentren eingerichtet werden ­ wie sollen eigentlich die Mitarbeiter dann wissen, was erlaubt ist und was nicht, wenn nicht wiederum ein Automatismus die Auswahl trifft? Laut der Protokollerklärung will die Bundesregierung in ihrer Umsetzung der EU-Richtlinie klarstellen, dass Dienste wie Datenbanken von Hochschulen, Blogs und Foren oder Special-Interest-Angebote ohne Bezüge zur Kreativwirtschaft nicht zu Plattformen im Sinne des Artikels 17 gehören.

Explizite Ausnahmen sieht die EU-Richtlinie aber tatsächlich nur für Wikipedia und für Software-Plattformen wie Github vor.

Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Bundesregierung die Umsetzung der Richtlinie machen will, wenn sie ihre eigene Protokollerklärung ernstnimmt.

Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Bundesregierung dies sowohl grundgesetzkonform als auch europarechtskonform machen möchte. Ich bin sehr gespannt darauf, wie gleichzeitig verhindert wird, dass ein Flickenteppich an Regelungen entsteht, der für ein Mitmachnetz einfach nur Gift ist. Und ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Bundesregierung zur geplanten ,EU- Richtlinie gegen Terrorpropaganda` positioniert, die ebenfalls Upload-Filter vorsieht ­ nun aber Inhalte und Aussagen direkt kontrollieren und zensieren will und die nächste Eskalationsstufe darstellt. Meinungsfreiheit oder Zensur ist die eine Dimension der EU-Urheberrechtsrichtlinie. Eine faire Vergütung für Autoren, Künstler und Kreativschaffende ist die andere. Dies darf und muss kein Gegensatz sein. Aber: Die Richtlinie sorgt dafür, dass die vom Bundesgerichtshof als illegal bewertete Ausschüttung an Verlage durch eine Gesetzesänderung legal wird. Damit stärken die Verlage ihre Position in der Verwertungsgesellschaft Wort. Damit kann sich die Ausschüttung an Autoren also bis auf die Hälfte reduzieren. Ob also am Ende wirklich die Autoren, Übersetzer und andere Kreativschaffende fair bezahlt werden, bleibt abzuwarten.

Gestatten Sie mir aber auch ein Wort an den SSW: Sie wollen Plattformen verpflichten, Verträge mit Verwertungsgesellschaften abzuschließen. Ein Vertrag ist eine beiderseitige, freiwillige Willenserklärung. Die Richtlinie verpflichtet Plattformen, sich um eine Lizenzierung zu bemühen. Ich wundere mich schon darüber, dass Sie den Plattformen eine Kontrahierungspflicht auferlegen wollen. Zu welchen Konditionen? Auf Gedeih und Verderb einem Monopol von Verwertungsgesellschaften ausgeliefert? Das ist schon ein etwas merkwürdiges Rechtsverständnis. netzwelt.org hat die Protokollerklärung der Bundesregierung als ,halbgares Versprechen` bezeichnet. Ich befürchte vielmehr ein komplett leeres Versprechen, das schlicht technisch nicht umsetzbar ist.

Aber ich glaube natürlich an die höhere Weisheit der Bundesregierung und der Justizministerin und SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley. Sie weiß sicher, wie sie die freien und unzensierten Kommunikationskanäle trotz ihrer Zustimmung zur EU-Richtlinie sicherstellen will. Das verspricht Spannung.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sich ­ übrigens als einziges Landesparlament ­ eindeutig für ein freies, aber faires Internet eingesetzt. Ich hoffe, dass wir alle auch heute ein klares Signal senden, nämlich dass wir auch die Umsetzung der EU-Richtlinie sehr aufmerksam und auch kritisch verfolgen werden. Die Meinungsfreiheit darf nicht verhandelbar sein."

 

Es gilt das gesprochene Wort.