Finanzen/Investitionen

Wolfgang Kubicki: Folgen unterlassener Investitionen reichen weit über eine Legislaturperiode hinaus

„‚Investiert man in der Gegenwart nicht in die Zukunft, sollte man sich nicht wundern, wenn die Zukunft keine Gegenwart bekommt‘. Ein Zitat der Schriftstellerin Christa Schyboll, das in Schleswig-Holstein aktueller denn je ist, angesichts des weit fortgeschrittenen Substanzverzehrs an unseren Straßen, Brücken, Krankenhäusern und Schulen. Mit der von uns hier vorgelegten Verfassungsänderung möchten wir ab 2020 eine Investitionsquote von mindestens 10 und ab 2025 von mindestens 12,5 Prozent erreichen. Damit wollen wir den Abbau von Schulden vor allem in unserer Infrastruktur vorantreiben und auf diese Weise zu einer generationengerechteren Politik kommen. 

 

Im Gegensatz dazu rechnet die Landesregierung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung bis 2026 sogar mit sinkenden Investitionsquoten von teilweise unter sieben Prozent. Angesichts von Rekordsteuereinnahmen ist das eine Frechheit gegenüber denen, die für diesen Überschuss gearbeitet haben. Es ist unsere Pflicht, in Zeiten wohlwollender Steuereinnahmen in die Zukunft dieses Landes zu investieren. Es ist dagegen töricht und unverantwortlich, wenn man meint, man könnte die Gelder einfach nur verteilen, ohne auf Nachhaltigkeit zu achten und sie eben nicht für den Abbau des Investitionsstaus aufzuwenden. Zum Vergleich: Unter unserer Regierungsbeteiligung waren die Investitionsquoten immer höher, als unter dieser Landesregierung. 

 

Wichtig für uns ist aber auch anzumerken: Die bereits in die Verfassung aufgenommene Schuldenbremse und das von uns hier geforderte Investitionsgebot sind keine Gegensätze, sondern müssen zwingend zusammen gedacht werden. In unserem Haushaltsentwurf für 2017 haben wir bereits deutlich gemacht, dass durch Umschichtungen eine spürbare Erhöhung der Investitionsquote bei gleichzeitiger Tilgung von Altschulden möglich ist. Das fordert übrigens auch die OECD. Und was macht die Landesregierung? Sie hat nicht nur eine viel zu niedrige Investitionsquote veranschlagt, sondern legt einen Haushalt mit dem höchsten Ausgabenanstieg seit über 20 Jahren vor.

 

Die Vernachlässigung der Infrastruktur ist der Kardinalfehler dieser Landesregierung, denn Investitionen in die Infrastruktur sind eine wichtige Voraussetzung, damit wir auch in Zukunft in Wohlstand leben können. Der Landesrechnungshof bemerkt deshalb zu Recht, dass das Land noch mehr in den Erhalt und den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur investieren muss. Er führt aus: ‚Dies ist die notwendige Voraussetzung, den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken und die Wirtschaftskraft des Landes zu erhöhen.‘ Der Finanzausschuss dieses Hauses, mit rot-grün-blauer Geschäftsordnungsmehrheit, hat dem sogar zugestimmt.

 

Ich finde dies schon bemerkenswert, denn nicht erst seit dem Landesstraßenzustandsbericht wissen wir, in welch besorgniserregendem Zustand sich weite Teile unseres Landesstraßennetzes befinden. Bei den kommunalen Straßen sieht es da leider nicht sehr viel besser aus.

 

Verwunderung löst in diesem Zusammenhang aus, dass die rot-grün-blaue Koalition die Mittel für den Erhalt der kommunalen Straßen in ihrer Regierungszeit fast halbiert hat. Das Credo ‚Erhalt vor Neubau‘ scheint hier anscheinend keine Gültigkeit mehr zu haben, weil weder vor allem das Eine, noch das Andere zufriedenstellend gelingt. Das alles vor dem Hintergrund, dass der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung 2014 angekündigt hat, dass ‚Geldschulden nicht länger durch Betonschulden‘ ersetzt werden dürften. Angesichts steigender Auftragsvolumen durch den Bundesverkehrswegeplan und der immer noch viel zu geringen Planungskapazitäten des Landes muss hier dringend etwas geschehen, damit den großspurigen Ankündigungen endlich Taten folgen.

 

Die Erklärung der Landesregierung, zu wenig Personal und zu wenige Bagger seien für die Steigerung des Investitionsbedarfes verantwortlich, wie es der Ministerpräsident getan hat, grenzt schon an Lächerlichkeit. Der Ministerpräsident hat doch überall öffentlich kundgetan, dass er das Land nicht den Dummschwätzern überlassen will. Warum meldet er sich dann beständig mit derartig absurden Beiträgen zu Wort?

 

Generationengerechtigkeit darf nicht an Legislaturperioden haltmachen. Wir brauchen die verfassungsrechtliche Festschreibung einer Investitionsmindestquote, da die Folgen unterlassener Investitionen weit über eine Legislaturperiode hinausreichen.“