Asyl/ Ausweisungen

Wolfgang Kubicki: Wir sollten eine sachliche Debatte zur Ausweisung als Nebenstrafe führen

„Deutschland ist ein Einwanderungsland und da sollte sich die Politik auch die Frage stellen, ob der Umgang mit Ausländern in einer  Einwanderungsgesellschaft auf der Grundlage des Gefahrenabwehrrechts nicht überholt ist.

 

Ein Fremdenpolizeirecht, das bei der Entscheidung über eine Ausweisung schematisch die privaten Migrationsinteressen des Ausländers gegen die öffentlichen Interessen ausspielt, die für die Beendigung des Aufenthalts sprechen, erscheint jedenfalls nicht mehr zeitgemäß.

 

In den allermeisten Fällen ist das Strafrecht das geeignete und auch ausreichende Instrument, um mit dem Sachverhalt, der Anlass für die Ausweisung ist, in angemessener Weise umzugehen – vor allem wenn man bedenkt, dass das Gesetz ohnehin bei bestimmten Delikten oder ab einer bestimmten Freiheitsstrafe als Regelfolge die Ausweisung vorsieht.

 

Wenn das so ist, sollte man auch darüber nachdenken, es den Strafgerichten zu ermöglichen, in diesen Fällen die Ausweisung als Nebenstrafe anzuordnen. Auf einen zweiten Prozess vor dem Verwaltungsgericht könnte man dann verzichten. 

 

Das ist eine Forderung, die kann man teilen oder ablehnen. In jedem Fall sollte man sie aber sachlich diskutieren und nicht, lieber Kollege Peters, bewusst völlig abwegige Zusammenhänge konstruieren, um so politisch Andersdenkenden unlautere Motive zu unterstellen.

 

Diese Strategie, Forderungen anderer zu kontaminieren und diese so schon allein durch die Verwendung bestimmter Begriffe ins Unrecht zu setzen, ist nicht nur perfide, sie ist auch schädlich für unser demokratisches Klima, weil eine solche Haltung von der Notwendigkeit befreit, einen sachlichen Diskurs zu führen.

 

Es ist deshalb auch absurd und scheinheilig, sehr geehrte Ministerin Spoorendonk, eine Versachlichung der Debatte zu fordern, aber gleichzeitig den Gegenüber als Populisten zu etikettieren, um ihn so von vornherein als gleichberechtigten Diskussionspartner zu diskreditieren.

 

Gerade von den Menschen, die sich andauernd in den Stand des moralischen Urteils erheben und dabei dem Anschein nach immer wissen, was Gut und was Böse ist, darf man ein bisschen mehr Differenzierung und Reflexion erwarten können.

 

Was wir vorschlagen, ist die Verlagerung der Entscheidung über die Ausweisung auf den Strafrichter.

 

Was wir gerade nicht fordern, ist eine Verschärfung des Ausweisungsrechts.

Die drastischen Verschärfungen des Ausweisungsrechts der letzten Monate, welche in wesentlichen Teilen im deutlichen Widerspruch zu den Genfer Flüchtlingskonventionen stehen, kommen aus Berlin – im Übrigen mitgetragen von der SPD.

 

Was spricht für eine Verlagerung der Ausweisungsentscheidung?

 

a) Der Strafrichter, dessen Urteil der Ausländerbehörde ja zugrunde liegt, muss ohnehin eine Sozialprognose unter Berücksichtigung der Gefährdung der Rechtsordnung durch den Täter anstellen – das ist seine gesetzliche Aufgabe.

 

b) Und aufgrund seiner weitreichenden Erkenntnismöglichkeiten in einer Hauptverhandlung ist er dafür auch besser geeignet als die Ausländerbehörde, die ja nichts anderes macht, als das öffentliche Interesse gegen das private Interesse des Betroffenen abzuwägen.

 

c) Insofern wäre es nicht nur sachgerechter, den Strafrichter entscheiden zu lassen, sondern würde auch zu einer Entlastung der Ausländerbehörden führen und damit der Verfahrensbeschleunigung dienen, weil wir dann eben kein zweites Verwaltungsverfahren mehr brauchen.

 

Der Betroffene würde durch die Verlagerung der Entscheidung auch nicht benachteiligt. Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, wie es der Kollege Peters in seiner bereits erwähnten Pressemitteilung insinuiert hat, scheidet denknotwendig aus, da die Nebenstrafe eine Folge der Verteilung ist und die Ausweisung damit auch erst vollstreckt werden kann, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Mit der rechtskräftigen Verurteilung endet die Unschuldsvermutung aber.“