„Das Grundrecht auf Asyl ist ein unverzichtbarer Bestandteil unser freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wir als Freie Demokraten bekennen uns uneingeschränkt zu unserer humanitären Verantwortung, verfolgten Flüchtlingen Zuflucht und Schutz zu gewähren.
Jeder, der schutzbedürftig ist, der vor Krieg oder Terror flieht, hat unsere uneingeschränkte Solidarität.
Wenn wir über Flüchtlinge reden, reden wir über Menschen. Und die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde aller Menschen. Und deshalb ist es unerlässlich, dass wir diese Debatte frei von Vorurteilen und Ressentiments führen.
Genauso wichtig ist es aber auch, dass wir diese Debatte offen und ehrlich führen.
Flüchtlingshilfe ist ein Gebot der Humanität und Humanität darf nicht von der Höhe der Kosten abhängig gemacht werden. Das heißt aber nicht, dass die Mühen und Konflikte, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden sind, ausgeklammert werden dürfen. Denn davon wird es letztlich abhängen, ob die Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten wird. Es ist deshalb gefährlich, wenn wir aus Furcht, die Stimmung könnte kippen, der Realität den Rücken kehren, anstatt ihr ins Auge zu sehen.
Die Aufgabe eines Ministerpräsidenten ist es dementsprechend nicht, seine Bürger rhetorisch warm zu halten, sondern die Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufzugreifen und sich ihrer anzunehmen. Flüchtlinge aufzunehmen ist humanitäre Pflicht. Die Zuwanderung wird aber nicht alle unsere Probleme lösen, sondern auch neue schaffen.
Bei aller Freude über das Ehrenamt, zeigt der großartige Einsatz der Zivilgesellschaft auch ein Stück weit staatliches Versagen. Natürlich hat die Entwicklung in den letzten Wochen zu einer Notsituation geführt, die ein gewisses Maß an administrativer Überforderung entschuldigt.
Wahr ist aber auch, dass wir heute schon viel weiter sein könnten. Bereits im September 2013 wurde die Landesregierung mit einem einstimmigen Landtagsbeschluss aufgefordert, gemeinsam mit den Kommunen ein Unterbringungs- und Betreuungskonzept zu entwickeln. Es verging ein ganzes Jahr, bevor sich ihr Innenministerium überhaupt der Sache angenommen hat. Innenminister Studt hat bis heute noch kein funktionsfähiges Erstaufnahmekonzept vorgelegt. Dabei ist dem Innenminister durchaus anzurechnen, dass er schon lange mit mehr Flüchtlingen gerechnet hat als der Bund. Wenn er den Ansturm aber hat kommen sehen, muss die Frage erlaubt sein, warum er sich nicht entsprechend vorbereitet hat. Es wirkt jedenfalls hilflos, wenn er nun im SHZ vom 15. September bei einem Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung Neumünster einräumt: ‚Schön ist die Lage hier nicht ...‘
Die Verlierer dieser Verfehlungen sind in erster Linie die Flüchtlinge. Aber auch die Kommunen leiden unter diesen Bedingungen. Wollen wir die große Hilfsbereitschaft in der Zivilgesellschaft bewahren, müssen wir die Gemeinden und Kreise ertüchtigen, ihre vorhandene soziale Infrastruktur zu erhalten.
Dabei gibt es Entlastungsmöglichkeiten, die schon unlängst hätten genutzt werden können – wie die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsländer. Richtig ist: Die Zahl der Asylanträge aus den Ländern, die zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wurden, ist im Jahr 2015 durchschnittlich um 23 Prozent gestiegen.
Die Steigerung ist aber deutlich niedriger als aus den übrigen Westbalkenstaaten. Die Zahl der Erstanträge aus Albanien hat sich um 466 Prozent, die aus dem Kosovo sogar um 1.420 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Wenn Minister Habeck also erklärt ‚In der Realität bringen die sicheren Herkunftsländer bislang gar nichts‘, dann ignoriert er schlichtweg die Realität.
Zumal Sinn und Zweck der sicheren Herkunftsstaaten nicht nur darin liegen, die Steigung der Antragszahlen zu begrenzen, sondern vor allem in der Beschleunigung der Anerkennungsverfahren. Und wenn die Prüfung eines Antrags eines Asylbewerbers aus einem sicheren Herkunftsland im Durchschnitt statt 7,1 nur noch 5,3 Monate dauert, zeigt sich, dass die Aufnahme der drei Balkanstaaten sehr wohl gewirkt hat.
Das entscheidende ist aber die Beschleunigung der Anerkennungsverfahren. Dass hier eines der Kernprobleme bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise liegt, wird gerade von der CDU geflissentlich übersehen. Stattdessen bezieht sich ihr Antrag allein auf das Land und greift damit viel zu kurz.
Dabei ist es ihr Bundesinnenminister, der es versäumt hat, ausreichend Personal einzustellen, obwohl ihm die Problematik seit Monaten bekannt ist. Statt Abhilfe zu schaffen, hat er die sich anbahnende Krise aber nur klein geredet und mit völlig unrealistischen Flüchtlingsprognosen dazu beigetragen, dass die Lage immer dramatischer wird.
Und als wenn das Wegducken der Union hier für sich genommen nicht schon beachtlich genug wäre, wird ausgerechnet aus Reihen der CDU-Bundestagsfraktion eine vollkommen unnötige Scheindebatte über den schleswig-holsteinischen Winterabschiebestopp losgetreten. Man kann über den Sinn solch symbolischer Ersatzhandlungen sicher diskutieren, zur Lösung der Probleme trägt das aber nicht bei.
Wenn sich Herr Liebing an der Bewältigung der Flüchtlingskriese beteiligen möchte, sollte er – zumal als designierter Spitzenkandidat der CDU für die kommende Landtagswahl – lieber seinen politischen Einfluss in Berlin geltend machen und sich für eine Beschleunigung der Anerkennungsverfahren einsetzen. Damit wäre dem Land und vor allem den Kommunen wirklich geholfen.“